Sie trug den Beinamen „Hexe von Buchenwald“. Ilse Koch war gefürchtet – nicht nur unter Häftlingen. Als Ehefrau des Lagerkommandanten Karl Otto Koch soll sie für furchtbare Verbrechen an Häftlingen des Konzentrationslagers Buchenwald verantwortlich sein. Zahllose Zeugenaussagen zeichnen das Bild einer sadistischen Frau mit einem Hang zu sexualisierter Gewalt und einer Vorliebe für Souvenirs aus Menschenhaut.
Bis heute wird über die berüchtigten Lampenschirme aus menschlichem Pergament (ungegerbte, papierähnliche Haut) spekuliert. Doch was konnte man dieser Frau tatsächlich nachweisen? Ließ Ilse Koch Gefangene häuten? Wie viel Einfluss auf die KZ-Leitung hatte sie wirklich? – Willkommen auf einer Reise in die Abgründe der menschlichen Psyche.
Disclaimer: Dieser Beitrag enthält Bilder, die auf viele verstörend wirken können.
Kapitel in diesem Beitrag
Kurzinformationen zum KZ Buchenwald
Ilse Koch: Gute Mutter, Hausfrau und grandiose Gastgeberin
Ilse Koch: Eine sadistische Bestie
Detaillierte Zeugenaussagen über Lampenschirme aus Menschenhaut und das Häuten von Häftlingen
Ilse Koch hatte eine besondere „Vorliebe“ für Tattoos
Wissenswert: Warum wurden KZ-Häftlinge tätowiert?
Korruption: Erster Prozess gegen Ilse und Karl Otto Koch bereits vor Kriegsende
Ilse Goes Mainstream: Menschenhaut-Lampen und der Medien-Hype
Welche Gegenstände aus Menschenhaut wurden im KZ Buchenwald gefunden? - Und was ist mit ihnen passiert? (mit Bildern)
Vor Gericht: Das Urteil gegen Ilse Koch und ihr Suizid
Schlusswort: Gab es die Lampenschirme aus Menschenhaut wirklich?
Nicht nur Lampenschirme, auch Handschuhe, Ledereinbände von Notizbüchern und Schrumpfköpfe sollen im KZ Buchenwald aus Menschen bzw. Menschenhaut hergestellt worden sein – im Auftrag von Ilse Koch. Einer Frau von unfassbar sadistischer Grausamkeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam sie vor Gericht. Ein besonders schwerer Vorwurf: Ilse Koch soll bevorzugt Häftlinge mit ausgefallenen Tattoos häuten lassen haben, um „Souvenirs“ aus ihnen anzufertigen.
Aber konnte man ihr das vor Gericht nachweisen? Im Internet kursieren zahlreiche Bilder und Artikel über Menschenhaut-Relikte aus der Zeit des Dritten Reichs – mit nur mangelhafter Information und von offiziellen Stellen unbestätigt. Was kann man also mit Gewissheit sagen?
Kurzinformationen zum KZ Buchenwald
Bestand 8 Jahre lang (1937-1945)
Eines der größten Konzentrationslager Deutschlands
Reines Männerlager
Insgesamt über 250.000 Häftlinge
Ausbeutung der Insassen als Arbeitssklaven
Medizinische Experimente an Häftlingen belegt
Über 65.000 Todesopfer
Ilse Koch: Gute Mutter, Hausfrau und grandiose Gastgeberin
Ilse Koch war eigentlich Mutter und Hausfrau. Sie lebte mit ihrem Mann und den drei gemeinsamen Kindern in der Kommandanten-Villa auf dem Ettersberg. Bis zum Konzentrationslager selbst waren es nur 10 Minuten Fußweg. Die gelernte Stenotypistin mit einer Ausbildung zur Bibliothekarin kam aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Während ihres Prozesses im Jahr 1947 gibt sie zu Protokoll:
„Ich war eine Hausfrau und glaube, dass man meinen Einfluss überschätzt. Mein Mann hätte mich zurechtgewiesen, wenn ich mich in Lagerangelegenheiten eingemischt hätte. Ich versuchte mein Bestes, meinem Mann abends ein gemütliches Zuhause zu bereiten.“ - Ilse Koch
Der Lagerarzt August Heinrich Bender, der ebenfalls in Buchenwald tätig war, bezeichnete Ilse Koch in seinen handschriftlichen Erinnerungen als „hochgebildet“ und „eine Schönheit“. Er schwärmt dabei von ihren „leicht rötlichen Locken“ und ihrer „schneeweißen Haut“. Er bedauert fast, „sie hätte beim Film Karriere machen können“.
Sie wird immer wieder als gute Gastgeberin und Mutter beschrieben, die weiß, wie sie sich an der Seite ihres Mannes bei Festlichkeit und Tanz zu präsentieren hat. Insbesondere, wenn hoher Besuch bevorstand. Die Jahre in Buchenwald waren vielleicht die besten ihres Lebens.
Ilse Koch: Eine sadistische Bestie
Doch es gab auch eine ganz andere Seite. Das Leben von Ilse Koch war geprägt von sexuellen Ausschweifungen, Alkoholexzessen und der Gewalt an KZ-Häftlingen. Sie liebte die vulgäre Sprache und galt als zynisch. Es heißt, sie habe Affären mit anderen SS-Offizieren des Lagers gehabt. Häftlinge und SS-Frauen hätten sie gleichermaßen verabscheut. Sie wurde häufig auch die „Kommandeuse von Buchenwald“ genannt, obwohl sie im Lager eigentlich keinerlei Befehlsgewalt besaß und dort auch nicht anwesend sein musste.
Als Frau des Lagerkommandanten hatte sie zwar offiziell keinen Einfluss auf die KZ-Leitung, stiftete jedoch ihren Mann zu Gewalt gegen Häftlinge an, wie zahlreiche Zeugenaussagen schildern. Demnach ließ sie Gefangene mit Vergnügen foltern und bestrafen. Sie soll auch selbst Häftlinge geschlagen haben. Körperlichen Züchtigungen im Lager beizuwohnen und zuzuschauen hätte sie genossen, heißt es.
Herbert Froeboeß, Franziskanermönch und Häftling in Buchenwald erinnert sich: „Zusammen mit einem tschechischen Kaplan arbeitete ich beim Ausschachtungs-Kommando im Falkenhof. Wir mussten einen tiefen Graben für einige Kabel ausheben. Plötzlich rief jemand von oben: 'He, Häftling, was machst du da unten?' Wir schauten auf und erkannten Ilse Koch. Sie stand breitbeinig über dem Graben. Sie trug nur einen kurzen Rock, keine Unterwäsche. Dann schlug sie uns mit einer Reitgerte über das Gesicht, sodass uns das Blut aus der Nase quoll.“
Wenn ein Insasse sie nicht grüßte oder „unzüchtige“ Kleidung trug, musste dieser mit harten Strafen rechnen. Mehr als 1.500 Zeugen hätten ausgesagt, wie Ilse Koch leicht bekleidet am Lagerzaun entlang ging – in kurzen Röcken und durchsichtiger Bluse. Jeder, der sich nach ihr umdrehte, wurde bestraft. Sie notierte sich die Häftlingsnummer und telefonierte mit ihrem Mann, dem Lagerkommandanten: „Dieses dreckige Judenschwein hat mich unverschämt angeschaut.“
Auch in ihrer Villa mussten Häftlinge arbeiten: Hausarbeit, Anfeuern, Zubereitung des Essens bis hin zum Wecken und Anziehen ihrer Kinder. Der Häftling Kurt Titz, der 14 Stunden täglich in der Villa arbeitete, erzählte, wie er mit 25 Stockhieben, anschließendem Einsperren im „Bunker“ des KZs und Aufhängen an den Armen bestraft wurde. Der Grund: Titz hatte aus einem abgeräumten, aber dennoch halbvollen Glas getrunken. Ilse Koch hatte ihn dabei erwischt.
Ging ein Stockhieb daneben, etwa auf die Nieren, konnte dies bereits tödlich enden. Weitere Strafen waren Dunkelhaft, stundenlanges Stehen und keine Nahrung. Im KZ Buchenwald wurden Häftlinge nicht nur eingesperrt, sondern auch zu Tode gefoltert, heißt es. Inwieweit Ilse Koch daran beteiligt war bzw. den Anstoß dazu gab, lässt sich heute nicht mehr einwandfrei rekonstruieren. Alles beruht auf Zeugenaussagen.
Detaillierte Zeugenaussagen über Lampenschirme aus Menschenhaut und das Häuten von Häftlingen
Der Österreicher Dr. Gustav Wegerer, politischer Häftling und Kapo der Pathologie, gab zu Protokoll:
„Etwa zur selben Zeit [1941] erschien eines Tages der Lagerkommandant Koch und der SS-Arzt Müller in meinem Arbeitskommando, der Pathologie. Damals befand sich gerade der aus gegerbter, tätowierter Menschenhaut hergestellte Lampenschirm für Koch in Arbeit. Koch und Müller suchten unter den vorhandenen gegerbten, pergamentdünnen Menschenhäuten Motive, die mit geeigneten Tätowierungen versehen waren, für den Lampenschirm aus. Aus dem Gespräch, das die beiden führten, ging hervor, dass die vorher gewählten Motive nicht das Gefallen der Ilse Koch gefunden hatten. Der Lampenschirm wurde sodann fertiggestellt und an Koch abgeliefert.“
[Begriffsklärung: Kapo - Funktionshäftling in einem KZ während des Dritten Reichs – musste andere Häftlinge beaufsichtigen, war Teil der Lagerleitung, erhielt dafür gewisse Privilegien (Alkohol, Besuch von Lagebordellen), trug spezielle Armbinden zur Erkennung]
Der in der Aussage erwähnte SS-Arzt Dr. Hans Müller war später sogar Arzt auf dem Obersalzberg. Zuvor arbeitete er von 1941 bis 1942 als Pathologe im KZ Buchenwald.
Ein weiterer Zeuge – Josef Ackermann (politischer Häftling in der Pathologie und Sekretär des Lagerarztes Waldemar Hoven) – war der Überbringer der Lampe. Er sagte 1950 vor Gericht als Zeuge aus und erzählte, wie er die Lampe anlässlich einer Geburtstagsfeier des Lagerkommandanten Karl Otto Koch in seine Villa bringen sollte. Im Rahmen seiner Aussage beschreibt er detailliert, dass der Lampenfuß aus einem menschlichen Fuß und Schienbein bestand. Auf dem Schirm seien noch Tätowierungen und Brustwarzen zu sehen gewesen. Es heißt, die „Präsentation“ der Lampe auf der Geburtstagsfeier war ein „Riesenerfolg“. Die Lampe selbst ist danach aber schnell wieder verschwunden – bis heute. Laut dem amerikanischen Historiker Arthur L. Smith ließe sich die Anfertigung der Lampe auf Befehl von Ilse Koch durch solche Zeugenaussagen jedoch nicht belegen.
Ilse Koch hatte eine besondere „Vorliebe“ für Tattoos
Wie spätere Funde von sorgfältig gegerbten Menschenhäuten belegen (Video weiter unten), wurde bei der Auswahl ganz besonders auf ausgefallene Tätowierungen geachtet. Der bereits erwähnte Häftling Froeboeß berichtet:
„Im Sommer 1940 arbeiteten wir im SS-Stadion. Es war ein heißer Tag und wir arbeiteten mit entblößtem Oberkörper. Bei uns arbeitete ein junger Franzose oder Belgier mit dem Namen Jean Collinette. Wegen seiner Tätowierungen war er im ganzen Lager bekannt. Besonders auffällig waren eine bunte Kobra-Schlange, die um seinen linken Arm bis nach oben gewunden war, und ein besonders sauber tätowiertes, viermastiges Segelschiff auf seiner Brust.
Ilse Koch kam vorbeigeritten, hielt ihr Pferd vor Jean, betrachtete die Tätowierungen und schrieb sich seine Nummer auf. Am Abend wurde Jean zum Tor gerufen und wir haben ihn nie wieder gesehen. Als ich ein halbes Jahr später meinen Freund Josef Ackermann in der Pathologischen Abteilung besuchte, erkannte ich dort ein präpariertes Hautstück mit Jeans Segelschiff. Später sah ich das Schiff auf einem Photoalbum der Koch.“
Unter den Objekten aus Menschenhaut, die im KZ Buchenwald sichergestellt wurden, befanden sich mehrere Stücke menschliches Pergament mit kunstvollen Tätowierungen, darunter ausgefallene Darstellungen von Menschen und sogar Fabelwesen. Auf einem Objekt ist zum Beispiel zu sehen, wie ein Krieger einen Drachen tötet – auf einem anderen eine nackte Frau mit Flügeln.
Dieses Video zeigt die furchtbaren menschlichen Funde aus dem KZ Buchenwald. Detaillierte Bilder gibt es weiter unten im Text.
Wissenswert: Warum wurden KZ-Häftlinge tätowiert?
Natürlich gab es – wie bereits beschrieben – Häftlinge, die schon zuvor tätowiert waren. Bei jüdischen Insassen ist diese „Körperkunst“ jedoch ein sensibles Thema und wurde von den Nationalsozialisten gleich doppelt zur Demütigung eingesetzt. Tätowierungen und die Einäscherung nach dem Tod sind im Judentum verboten. Die Unversehrtheit des Körpers spielt hier eine zentrale Rolle, da der Körper als „Leihgabe Gottes“ angesehen wird.
Die Zwangstätowierung von Häftlingsnummern diente den Nationalsozialisten nicht nur der Organisation ihrer Konzentrationslager, sondern auch der gezielten Erniedrigung jüdischer Insassen. Die ausgefallenen Tätowierungen auf der gegerbten Menschenhaut stammen also wahrscheinlich nicht von jüdischen Häftlingen, sondern von sowjetischen Bürgern, Polen, Ungarn oder Franzosen, die nachweislich auch im KZ Buchenwald inhaftiert waren.
Korruption: Erster Prozess gegen Ilse und Karl Otto Koch bereits vor Kriegsende
Schon 1943 gab es einen SS-Prozess gegen Karl und Ilse Koch wegen Korruption und Mordes. Damals befanden sich 25.000 Reichsmark auf Ilse Kochs Konto. Gemeinsam mit ihrem Mann soll sie Gelder im Wert von heute rund einer Million Euro veruntreut haben. Das NS-Gericht konnte ihr jedoch nicht nachweisen, sich unrechtmäßig bereichert zu haben. Sie selbst wurde freigesprochen, während ihr Mann die Todesstrafe bekam.
Doch für Ilse Koch war dies erst der Anfang vom Untergang. Die größte Aufmerksamkeit galt ihr nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Die US-Armee förderte groteske Artefakte aus dem befreiten KZ Buchenwald zutage – darunter einen Lampenschirm aus menschlichem Pergament und sorgfältig gegerbte Menschenhäute, heißt es. Ehemalige Häftlinge sagen aus, Ilse Koch sei die treibende Kraft für diese Verbrechen gewesen.
Ilse Goes Mainstream: Menschenhaut-Lampen und der Medien-Hype
In den Jahren 1947 und 1950 wurden insgesamt zwei Prozesse gegen Ilse Koch geführt. In diesem Rahmen griff die Presse die Erzählungen von den Lampen aus Menschenhaut immer wieder auf – ja, sie waren aufgrund der unzähligen Zeugenaussagen fester Bestandteil der Prozesse und der damaligen Medienlandschaft.
Für die Medien war diese „rothaarige, grünäugige Hexe von Buchenwald“ die perfekte Vorlage. Eine grausame, nymphomanische, sadistische Frau und passionierte Mörderin mit Sex-Appeal und einer Vorliebe für Objekte aus Menschenhaut. Jeder sprach über sie. Es gab sogar einen US-amerikanischen Dokumentarfilm mit dem Titel „Lampenschirm der Ilse Koch“. Die millionenfach gedruckte Zeitschrift „Life“ betitelte sie als „Frau der Lampenschirme“. Eine Zeit lang gab es keinen Tag ohne neue Artikel über Ilse Koch in den US-amerikanischen Leitmedien.
Die Menschen konnten sich an dieser Geschichte einfach nicht satt hören bzw. lesen. Der Name Ilse Koch landete zusammen mit dem Motiv der Menschenhaut-Lampen sogar auf Protestplakaten von US-Bürgern. Sie war das personifizierte Böse und ein Paradebeispiel für einen Nazi. Die Menschen liebten diese Frau, indem sie sie hassten. Zum Teil bis heute.
Welche Gegenstände aus Menschenhaut wurden im KZ Buchenwald gefunden? – Und was ist mit ihnen passiert?
Am 16. April 1945 wurde ein Tisch mit Präparaten der Pathologie im befreiten Konzentrationslager Buchenwald präsentiert. Auf einem weißen Laken liegen zahlreiche Objekte aus menschlichen Überresten, darunter mehrere Pergamente mit ausgefallenen Tätowierungen, zwei Schrumpfköpfe, sorgfältig zerteilte und in Alkohol eingelegte menschliche Körperteile und eine Lampe.
Major Reuben Cares, der Chef der Pathologie des Seventh Medical Laboratory, erstellte am 25.05.1945 ein Gutachten, in dem er die Echtheit der ausgewählten Stücke bekräftigt. Demnach sei das Material tatsächlich Menschenhaut gewesen. Dieses Gutachten gilt später als wichtiges Beweismittel im Dachauer Buchenwald-Prozess.
Doch die Objekte auf dem Tisch wechselten kurz nach den Foto- und Videoaufnahmen mehrfach ihre Besitzer und wurden an unterschiedlichen Orten aufbewahrt. Bei den Gerichtsprozessen war die Lampe bereits verschwunden und konnte nicht als Beweismittel vorgeführt werden. Anhand von Fotovergleichen schlussfolgerte der Historiker Dr. Harry Stein, dass es sich bei der Lampe nicht um die von der Geburtstagsfeier des Karl Otto Koch handelte, sondern um die Tischlampe aus dem Dienstzimmer des Kommandanten Hermann Pister.
Auf die Frage, ob sie jemals Handschuhe oder Lampen aus Menschenhaut besessen habe, antwortete Ilse Koch vor Gericht stets mit „Nein“. Ihr konnte auch nichts dergleichen nachgewiesen werden. Von ehemaligen Buchenwald-Häftlingen hieß es jedoch immer wieder, dass Ilse Koch eine große Vorliebe für derartige Objekte hatte und hierbei treibende Kraft gewesen ist. Sie hätte die Präparate zwar nicht selbst angefertigen können, aber durchaus den Auftrag dazu erteilen.
Ilse Koch sagte vor Gericht sogar aus, dass sie von der Gewalt und Ermordung in dem Lager nichts gewusst habe. Aber auch hier widersprechen ihr die Zeugen. Dass sie angeblich überhaupt nicht wusste, was in Buchenwald geschah, konnte vor Gericht nicht standhalten. Das Thema der Menschenhaut-Lampen rückte jedoch zunehmend in den Hintergrund.
Bereits die erste Ausstellung zur Geschichte des Konzentrationslagers Buchenwald zeigte im Jahr 1954 eine kleine unauffällige „Nachttischlampe“, die als „Lampe aus Menschenhaut“ präsentiert wurde. Das damals verantwortliche „Museum für Deutsche Geschichte“ sah jedoch keine Veranlassung dazu, die Echtheit des Exponats zu überprüfen. Übergeben wurde die Lampe damals von dem ehemaligen Häftling Karl Staub. Noch bis ins Jahr 1985 war der angebliche Lampenschirm aus Menschenhaut ausgestellt, bevor das Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Akademie Erfurt am 06.07.1992 ein Gutachten veröffentlichte, in dem es heißt:
„Präparat IV (Lampenschirm) ist dagegen serologisch nicht als menschlicher Art zu identifizieren. Möglicherweise handelt es sich dabei um einen Kunststoff, der in ähnlicher Zeit für Lampenschirme produziert wurde. Letztlich ist aber nicht völlig auszuschließen, dass es sich dennoch um biologisches Material handelt.“
Seitdem ist der Lampenschirm wieder aus der Ausstellung entfernt worden. Er befindet sich jedoch als „Falsifikat“ im Fundus der heutigen Gedenkstätte Buchenwald.
Vor Gericht: Das Urteil gegen Ilse Koch und ihr Suizid
Am 15. Januar 1951 wurde Ilse Koch wegen Anstiftung zum Mord, versuchten Mordes und Anstiftung zu schwerer Körperverletzung zu „lebenslangem Zuchthaus“ verurteilt. Im Gegensatz zu einem konventionellen Gefängnis beinhaltet die Inhaftierung in einem Zuchthaus auch den Zwang zu harter körperlicher Arbeit. Der Befehl zur Anfertigung von Objekten aus Menschenhaut konnte ihr jedoch explizit nicht nachgewiesen werden. Sie selbst sah die unzähligen Zeugenaussagen gegen sie als eine „Verschwörung“ von ehemaligen Häftlingen. Ilse Koch war sich im Allgemeinen keiner Schuld bewusst.
Sie ist damit die einzige Frau, die in der Bundesrepublik aufgrund von Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Im Alter von fast 61 Jahren erhängte sich Ilse Koch (1967) in ihrer Zelle der bayrischen Frauenanstalt Aichach, nachdem sie bereits 22 Jahre hinter Gittern verbracht hatte. In einem Abschiedsbrief schrieb sie lediglich: „Ich kann nicht anders. Der Tod ist für mich eine Erlösung.“
Schlusswort: Gab es die Lampenschirme aus Menschenhaut wirklich?
Obwohl keiner der Menschenhaut-Lampenschirme die Jahre nach dem Krieg überdauert hat, zeichnen die vielen Zeugenaussagen ein eindeutiges Bild. Es scheint so, als hätte Ilse Koch die Anfertigung von Objekten dieser Art in Auftrag gegeben. Doch vor Gericht konnte man ihr davon nichts nachweisen.
Auf der anderen Seite gibt es Gegenstimmen, die die beispiellose Grausamkeit von Menschen wie Ilse Koch keineswegs leugnen, in Bezug auf die Menschenhaut-Lampen jedoch Zweifel haben, ob diese so tatsächlich existierten. Den Forschern bleiben heute nur noch Foto- bzw. Videoaufnahmen der Relikte und die zu Papier gebrachten Zeugenaussagen von ehemaligen Häftlingen aus dem KZ Buchenwald.
Zeugenaussagen lassen sich in diesem Fall nur schwer überprüfen. Der Historiker Ulrich Herbert geht sogar so weit zu sagen, dass es sich bei den Lampenschirmen aus Menschenhaut um eine „Phantasmagorie“ (Trugbild, Täuschung) handele und die Geschichte einfach nur immer neu erzählt werde. Vielleicht werden wir die Wahrheit nie erfahren. Aber wie auch immer die Geschichte erzählt wird – die Menschen vergessen sie nicht.
Buchtipp zum Artikel: „Buchenwald-Bestien: Karl und Ilse Koch“
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Quellen bzw. weiterführende Links:
(1) Stiftung Gedenkstätten: „Lampenschirme aus Menschenhaut“
(2) Der Spiegel: „Ilse Koch - Lady mit Lampenschirm“
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