Achillesferse bis Zerberus: 20 Redewendungen aus der griechischen Mythologie
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  • Anastasia Michailova

Achillesferse bis Zerberus: 20 Redewendungen aus der griechischen Mythologie

Aktualisiert: 16. Feb.

Viele Begriffe und Redewendungen wurden aus der griechischen Mythologie in die deutsche Sprache übernommen. Manche von ihnen sind fast jedem bekannt, andere gerieten in Vergessenheit und einige lassen kaum vermuten, dass sie in Wirklichkeit aus der griechischen Mythologie stammen. Dieser Beitrag führt dich durch ein paar interessante Beispiele für solche Sprichwörter, erklärt dir aus welchem Epos sie stammen und was sie bedeuten.


Begriffe und Redewendungen aus der griechischen Mythologie
Viele unserer Begriffe und Redewendungen stammen aus der griechischen Mythologie.

Was war das gleich nochmal mit der Hydra und dem Ödipuskomplex? Und was ist eigentlich ein Ikarusflug und ein Damoklesschwert? An alle Frauen: Was Nymphomanie bedeutet, müsst ihr unbedingt wissen! Viele dieser Begriffe sind beliebte Motive in der Kunst und Literatur geworden und werden seit Jahrhunderten dargestellt. Zu jedem Begriff und jeder Redewendung aus der griechischen Mythologie gibt dir dieser Beitrag nach Möglichkeit Hintergrundinformationen zu Parallelen in anderen Kulturen, Beispiele aus der literarischen Verarbeitung und künstlerischen Darstellung - von der Antike bis zur heutigen Popkultur.



Begriffe


  1. Archillesferse

  2. Adonis

  3. Amazone

  4. Aphrodisiakum

  5. Argusaugen

  6. Bezirzen

  7. Damoklesschwert

  8. Herkulesaufgabe

  9. Hydra

  10. Ikarusflug

  11. Mentor

  12. Narzissmus

  13. Nymhomanie

  14. Ödipus

  15. Pandora

  16. Sisyphusarbeit

  17. Skylla und Charybdis

  18. Sphinx

  19. Tantalusqualen

  20. Zerberus



1. Achillesferse


Bedeutung: eine Schwachstelle, eines ansonsten Schwächelosen


In der griechischen Mythologie war Achilles (auch Achilleus oder Achill) der Sohn des Menschen Peleus und der Meeresgöttin Thetis. Trotz seiner göttlichen Herkunft war der Sagenheld sterblich. Deshalb versuchte ihn seine Mutter unverwundbar zu machen, indem sie ihn in den Fluss „Styx“ tauchte, der die Unterwelt von der Oberwelt trennt. Dabei hielt sie ihren Sohn an der Ferse fest, sodass diese Stelle nicht mit dem Wasser des Flusses in Berührung kam. Und so blieb dies sein einzig verwundbarer Punkt. Die Stelle am Fuß wird bis heute als „Achillessehne“ bezeichnet. Je nach Version des Epos starb Achilles durch einen eventuell vergifteten Pfeil, der von Paris, dem Sohn des trojanischen Königs, abgeschossen wurde. Der Pfeil landete in Achilles' verwundbarer Ferse.


Das Gemälde „Thetis taucht Achilles in den Styx“ (1630-1635) von Peter Paul Rubens, Museum Boijmans Van Beuningen
Das Gemälde „Thetis taucht Achilles in den Styx“ (1630-1635) von Peter Paul Rubens, Museum Boijmans Van Beuningen (CC)

Das Motiv der scheinbaren Unverwundbarkeit kommt auch in anderen Erzählungen vor und findet sich zum Beispiel in der Nibelungensage wieder, in der Siegfrieds Rücken von einem Lindenblatt bedeckt wird, während er in Drachenblut badet. Im Verlauf der Sage stößt Hagen einen Speer in die einzig verwundbare Stelle in Siegfrieds Rücken und der Held stirbt.



2. Adonis


Bedeutung: ein attraktiver junger Mann


Die Gestalt von Adonis ist neben der griechischen Mythologie auch in der vorderorientalischen und römischen Mythologie bekannt. Adonis ist ein Sinnbild für Schönheit, der Gott der Vegetation und ein Geliebter der Göttin Aphrodite (römisch „Venus“). Wahrscheinlich war er ursprünglich ein syro-phönizischer Vegetationsgott und gelangte durch die Expansion eines Fruchtbarkeitskultes nach Europa. Viele Epen über Adonis handeln jedoch von unerfüllter Liebe, Tod und Auferstehung. Adonis stirbt, ohne sich mit seiner großen Liebe Aphrodite zu vereinigen. Seit dem, so heißt es, färbt sein Blut im Frühjahr Blumen rot.


Adonis-Statue von Bertel Thorvaldsen im Thorvaldsen-Museum in Kopenhagen
Adonis-Statue von Bertel Thorvaldsen im Thorvaldsen-Museum in Kopenhagen, Bild: Stefano Bolognini (CC)

William Shakespeare widmete den beiden seine Versdichtung „Venus und Adonis“. Hier die beiden ersten Verse:


„Als von dem weinenden Morgen schied die Sonne

Mit Purpurantlitz, eilt' Adonis schon,

Der rosenwangige, zu des Jagens Wonne;

Jagd liebt' er, doch der Liebe lacht' er Hohn.

Von Liebe siech, tritt Venus ihm entgegen

Und wirbt um ihn, wie kecke Werber pflegen.


»Du, dreimal schöner, als ich selbst«, begann

Die Liebliche mit buhlerischem Kosen,

»Süß über alles, holder als ein Mann,

Mehr weiß und rot, als Tauben sind und Rosen;

Sich selbst besiegend, da sie dich vollendet,

Sagt die Natur, daß mit dir alles endet.“




3. Amazone


Bedeutung: eine kriegerische oder streitsüchtige Frau


Der Name leitet sich aus dem Sammelbegriff „Amazonen“ für verschiedene Völker ab, bei denen Frauen gemeinsam mit Männern in den Krieg zogen und „männergleich“ kämpften. Verschiedene antike Autoren schreiben, dass es Amazonen in der Schwarzmeerregion, nördlich des Kaukasusgebietes, in Nordanatolien aber auch in Karien, Lykien und Libyen gegeben haben soll. Es heißt zum Beispiel, dass Amazonen unter ihrer Königin Penthesilea den Trojanern im Krieg gegen die Griechen zur Hilfe geeilt sind. Viele antike Städte wie Kyme, Myrine oder Smyrna (heute „Izmir“) sollen von Amazonen gegründet worden sein. Auch römische und altägyptische Erzählungen liefern Hinweise auf Amazonen-Kriegerinnen und von Frauen beherrschte Reiche. Archäologische Funde lassen stark ausgeprägte matriarchale Strukturen in Georgien, der Ukraine, Südrussland und Kasachstan bis in die heutige Mongolei vermuten.


„Amazone zu Pferd“ – Statue von Franz Stuck (1897), Bild: Landesmuseum Hannover
„Amazone zu Pferd“ – Statue von Franz Stuck (1897), Bild: Landesmuseum Hannover (CC)

Die Amazonen wurden seit jeher künstlerisch illustriert und sind ein beliebtes literarisches Motiv, das häufig sexuell konnotiert ist. Die Herkunft des Namens ist heute sehr umstritten. Die Kriegerinnen wurden, angelehnt an viele alte Überlieferungen, häufig zu Pferd dargestellt.


Die Amazone (Gedicht)


Aus ihren Augen lacht die Freude, Auf ihren Lippen blüht die Lust, Und unterm Amazonenkleide Hebt Mut und Stolz und Drang die Brust. Doch unter Locken, welche fliegen Um ihrer Schultern Elfenbein, Verriet ein Seitenblick beim Siegen Den schönen Wunsch, besiegt zu sein.


Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792)

Die Deutsche Gedichtebibliothek: „Die Amazone“



4. Aphrodisiakum


Bedeutung: ein Mittel zur Steigerung der sexuellen Lust


Der Begriff ist an „Aphrodite“, die griechische Göttin der Liebe, angelehnt. Bereits in der Antike kannte man viele Pflanzen mit einer berauschenden und gleichzeitig luststeigernden (d. h. „aphrodisischen“) Wirkung – darunter die Alraune, der Sauerampfer oder die Stranddistel. Im Aphrodite-Kult spielte auch Wein eine wichtige Rolle, der zusätzlich mit aphrodisischen Pflanzen versetzt wurde. Bereits im alten Ägypten wurden luststeigernde Substanzen im Rahmen der Verehrung der ägyptischen Liebes-Göttin „Hathor“ eingenommen. Bis heute suchen die Menschen nach natürlichen Substanzen, um ihre Libido zu steigern. Als moderne Aphrodisiaka gelten zum Beispiel Asant, Camu-Camu, die Spanische Fliege oder Schokolade. Fun Fact: Im Mittelalter bezeichnete man Grünkohl als Liebeskraut, welches das Verlangen nach Sex wecken sollte.


„Die Geburt der Venus“ (lat. Pendant zu „Aphrodite“) von Sandro Botticelli (1485, Florenz)
Aphrodite ist bis heute ein beliebtes feminines Motiv in der Kunst. Bild: „Die Geburt der Venus“ (lat. Pendant zu „Aphrodite“) von Sandro Botticelli (1485, Florenz) – Google Art Project (CC)

Wichtig: Es muss jedoch immer zwischen aphrodisischen und potenzsteigernden Substanzen unterschieden werden. Das erste dient der Intensivierung des sexuellen Verlangens, das letztere der Steigerung der gezielten körperlichen Erregung.



5. Argusaugen


Bedeutung: „etwas mit Argusaugen beobachten“ – etwas nicht aus den Augen lassen, etwas unermüdlich beobachten bzw. ansehen


Der griechische Gott Zeus hatte eine „Affäre“ mit Io, der Tochter des Flussgottes Inachos. Hera, die betrogene Gattin des Zeus, ließ Io daher von dem Riesen Argos (lat. Argus) bewachen, damit sich die beiden Geliebten nicht treffen konnten. Argos hatte einhundert Augen, von denen nur jeweils ein Augenpaar schlief, während die restlichen unaufhörlich beobachteten. Am Ende schicke Zeus den Götterboten Hermes, um Argos mithilfe einer Panflöte zum Schlafen zu bringen und ihn danach mit einem Schwert zu töten. Aus Trauer um den Tod ihres treuen Dieners, übertrug Hera die hundert Augen des Argos auf das Federkleid des Pfaus. Auf diese Weise sollte Argos unsterblich werden.


„Juno und Argus“ (Juno lat. für Hera) – von Peter Paul Rubens (1610), Wallraf-Richartz-Museum, Köln
„Juno und Argus“ (Juno lat. für Hera) – von Peter Paul Rubens (1610), Wallraf-Richartz-Museum, Köln – Rheinisches Bildarchiv (CC)

6. Bezirzen


Bedeutung: „jemanden bezirzen“ – jemanden verführen, bezaubern, mit Liebreiz und Charme überzeugen


Dieser Begriff ist angelehnt an die Zauberin „Kirke“ (lat. Circe – im Deutschen später „Zirze“). In der griechischen Mythologie heißt es, dass Odysseus während seiner Irrfahrt gemeinsam mit seinen Weggefährten auf der Insel „Aiaia“ landete, auf der die Hexe „Kirke“ lebte. Sie verzauberte die Männer und verwandelte sie in Schweine. Am Ende konnte Kirke jedoch besiegt werden. Allerdings sollte die gemeinsame Geschichte von ihr und Odysseus noch weitergehen. Sie bekommen drei gemeinsame Söhne.


„Juno und Argus“ (Juno lat. für Hera) – von Peter Paul Rubens (1610), Wallraf-Richartz-Museum, Köln
„Tilla Durieux als Circe“ von Franz Stuck (1913), Alte Nationalgalerie zu Berlin – bva.bund.de (CC)

Die Figur der Kirke – die verführerisch, aber auch gefährlich ist – hat sich zum Beispiel effektiv in der Musik, der Oper und im Theater etabliert. Gemeinsam mit dem Theaterdirektor Pasquale Anfossis entwickelte Johann Wolfgang von Goethe die Oper „La Maga Circe“ (Die Zauberin Circe). Es wurden noch zahlreiche weitere Stücke über Kirke geschrieben, darunter von Giuseppe Zamponi, Reinhard Keiser, Théodore Dubois, Herbert Trantow oder Werner Egk. In vielen Aufführungen werden Kirke offensichtlich erotische Eigenschaften zugeschrieben.


Außerdem ist Kirke u. a. die Namensgeberin einer Pflanzengattung, einer Spinnenart, eines Asteroiden im Asteroiden-Hauptgürtel, eines Berges in der Antarktis und einer Spielvariante im Schach.



7. Damoklesschwert


Bedeutung: „das Damoklesschwert schwebt über jemandem“ – sein Glück wird bald ein Ende haben


Einer Legende nach war Damokles ein Diener und Günstling von Dionysios (I. oder II.), dem König von Syrakus. Heute ist nicht restlos geklärt, ob Damokles wirklich existiert hat. Der Diener des Tyrannen war unzufrieden mit seinem Leben und beneidete Dionysios um seinen Reichtum und seine Macht. Deshalb ließ er keine Gelegenheit aus, dem König zu schmeicheln.


Dionysios wollte Damokles demonstrieren, dass Macht und Reichtum vergänglich sind, dass Gefahren überall lauern können und nichts so gut sein muss, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheint. Also lud der König von Syrakus seinen Diener zu einer Tafel ein und bot ihm sogar an, auf seinem Thron zu sitzen. Über dem Thron ließ der Herrscher jedoch ein Schwert hängen, das nur von einem Pferdehaar gehalten wurde. Als Damokles die Gefahr über ihm bemerkte, konnte er den übermäßigen Luxus der Feierlichkeiten nicht genießen und bat den König, die Tafel verlassen zu dürfen.


„Das Schwert des Damokles“ von Richard Westall (1812), Ackland Museum USA
„Das Schwert des Damokles“ von Richard Westall (1812), Ackland Museum USA (CC)

Die Metapher des Damoklesschwertes ist durch Cicero und Horaz überliefert. Ende des 18. Jahrhunderts inspirierte die Legende aus der griechischen Mythologie den Schriftsteller Friedrich Maximilian Klinger zu seinem Trauerspiel namens „Damokles“. In der Juniausgabe der Satirezeitschrift „Titanic“ aus dem Jahr 1999 wurde eine Karikatur mit folgendem Text veröffentlicht: „Über mir schwebte das Damenkloschwert. Ich hatte mich in der Tür geirrt“. Zu sehen war ein Mann, der versehentlich auf die Damentoilette gegangen war und über dem plötzlich ein Schwert hing.



8. Herkulesaufgabe


Bedeutung: eine gewaltige Aufgabe, die von einer überragenden Persönlichkeit bewältigt werden muss


Herakles (lat. Hercules) war ein Held der griechischen Mythologie. Er ist insbesondere für seine übermenschliche Stärke berühmt. Aufgrund seiner überragenden Leistungen ehrten ihn sogar die Götter und nahmen ihn zu sich in den Olymp auf.


„Herakles bändigt den Kretischen Stier“ – Skulptur im Burggarten Schwerin
„Herakles bändigt den Kretischen Stier“ – Skulptur im Burggarten Schwerin.

Hier eine Hintergrundgeschichte: Herakles wurde von der Göttin Hera verhext. In diesem Zustand tötete er seine Kinder, was ihn zutiefst bestürzte. Er fragte das Orakel von Delphi um Rat, welches ihm sagte, dass er sich für zwölf Jahre in den Dienst des Eurystheus, dem König von Argos, stellen und alle Aufgaben erfüllen soll, die dieser ihm aufträgt. Der König formuliert daraufhin zwölf Aufgaben, die jedoch unmöglich auszuführen sind. Doch Herakles bewältigt sie alle. Darunter die Tötung der neunköpfigen Hydra, das Einfangen des Kretischen Stiers und das Heraufbringen von Zerberus, des Wachhundes der Unterwelt, an die Oberwelt.



9. Hydra


Bedeutung: „der Hydra den Kopf abschlagen“ – jeder Versuch, ein Problem zu lösen/zu bekämpfen/einzudämmen ergibt nur weitere Probleme


Die Hydra ist ein Ungeheuer aus der griechischen Mythologie. Das Monster besitzt mehrere Köpfe. Wird ein Kopf abgeschlagen, wachsen zwei neue wieder nach. Der Kopf in der Mitte ist unsterblich. Ihr Atem ist tödlich. Die Hydra wird auch als Wasserschlange beschrieben.


Im Rahmen seiner zwölf Aufgaben gelingt es Herakles, die Hydra zu töten. Gemeinsam mit Iolaos legte Herakles ein großes Feuer und brannte jeden enthaupteten Hals der Hydra aus, damit kein neuer Kopf mehr nachwachsen konnte. Zuletzt schlug er ihr den unsterblichen Kopf in der Mitte ab.


„Herakles kämpft mit Iolaos gegen die Hydra“ - von Hans Sebald Beham (1545)
„Herakles kämpft mit Iolaos gegen die Hydra“ - von Hans Sebald Beham (1545), Scan: Yellow Lion (CC)

Zur Zeit der Französischen Revolution wurde das Bild der Hydra im französischen Volk wieder populär. Die Franzosen sahen sich als Herakles. Der Sturm auf die Bastille wurde als Kampf gegen die Hydra inszeniert. Bis heute ist die Hydra auch ein beliebtes Motiv in der Popkultur. Hydra ist zum Beispiel eine fiktive Terrororganisation im sogenannten „Marvel-Universum“.



10. Ikarusflug


Bedeutung: „Hochmut kommt vor dem Fall“ – jemand will zu hoch hinaus, Strafe durch Übermut


Ikarus (auch Ikaros, lat. Icarus) wurde nach der griechischen Mythologie mit seinem Vater Daidalos von König Minos im Labyrinth des Minotauros auf Kreta festgehalten. Daidalos war ein brillianter Erfinder. Er baute Flügel, um wegfliegen zu können. Dafür befestige er Federn mit Wachs an einem Gestänge. Er wies seinen Sohn Ikaros jedoch an, nicht zu hoch zu fliegen, da die Sonne das Wachs sonst schmelzen würde. Dadurch lösen sich die Federn und die Flügel gehen kaputt. Und so geschah es. Irakos flog in die Höhe und wurde zu übermütig. Er flog so hoch, dass sich die Federn lösten und er ins Meer stürzte. Dieses Meer heißt heute das Ikarische Meer und befindet sich in der östlichen Ägais.


„Der Fall des Ikarus“ - Musée Antoine Vivenel (17. Jh.)
„Der Fall des Ikarus“ - Musée Antoine Vivenel (17. Jh.), Bild: Wmpearl (CC)

Die Figur des Ikarus ist bis heute ein beliebtes künstlerisches Motiv. Maler wie Pieter Bruegel der Ältere, Werner Holz, Franz Radziwill und Wolfgang Mattheuer ließen sich für ihre Gemälde von Ikarus inspirieren. Die Schriftstellerin Eveline Hasler erschuf für ihren Roman „Die Wachsflügelfrau“ einen „weiblichen Ikarus“. Auch in der Musik und in der Filmindustrie wird die Figur immer wieder dargestellt. Hier jeweils nur ein Beispiel: Im Actionthriller „James Bond 007 – Stirb an einem anderen Tag“ gibt es eine Satellitenwaffe, die den Namen Ikarus trägt. Ein Songtitel von der Band „Iron Maiden“ heißt „Flight of Icarus“.



11. Mentor


Bedeutung: ein älterer, väterlicher Freund – auch Ratgeber, Berater


Der Begriff des Mentors hat sich mit der Zeit gewandelt. Heute ist ein Mentor jemand, der als erfahrene Person einer anderen zur Seite steht, sie berät und in ihrem Erfolg unterstützt. Die unerfahrenere Person wird dabei „Mentee“ oder „Protegé“ genannt. Zentral geht es um den Wissenstransfer zwischen Mentor und Mentee im Dienste einer Ausbildung, Karriere oder der Freizeit, bis hin zur Spiritualität und Persönlichkeitsentwicklung. Es gibt zum Beispiel Mentoring-Programme in Unternehmen, Hochschulen, Stiftungen, Behörden oder Vereinen. Der Unterschied zwischen Mentor und Coach besteht darin, dass ein Coach eine entsprechende Ausbildung zum Coach hat. Ein Mentor sticht allein aufgrund seiner Erfahrung oder seines Wissens hervor.


Zeuxo und Chrysippos auf einer Schale des Brygos-Malers, um 490/80 v. Chr. - British Museum
Symbolbild: Zeuxo und Chrysippos auf einer Schale des Brygos-Malers, um 490/80 v. Chr. - British Museum (CC)

Der Begriff „Mentor“ hat seinen Ursprung in der griechischen Mythologie. Mentor war ein Freund von Odysseus, der sich um seinen Sohn Telemachos kümmerte, ihn beschützte und erzog.



12. Narzissmus


Bedeutung: Selbstverliebtheit, Selbstbewunderung, übermäßige Eitelkeit


Namensgeber für diesen Begriff ist Narziss. Der Jüngling aus der griechischen Mythologie war so schön, dass er zahlreiche Verehrer beider Geschlechter hatte. Doch er wies sie alle zurück und konnte keine Liebe erwidern. Eines Tages rief ein Verschmähter, dass Narziss selbst einmal lieben möge, ohne diese Person jemals für sich gewinnen zu können. Und so geschah es. Er verliebte sich in sein eigenes Spiegelbild. Als er sich selbst im Wasser erblickte, verliebte er sich unsterblich in das, was er darin sah. Doch erreichen konnte er seine große Liebe nicht. Als seine Tränen ins Wasser fielen und die stille Oberfläche aufrührten, verschwand das Bild. Narziss erkannte, dass es sich nur um sein Spiegelbild handelte, aber die Liebe blieb unüberwindbar. Narziss starb an dem Schmerz der unerfüllten Liebe zu diesem unerreichbaren Liebesobjekt – zu sich selbst.


„Narziss“ von Caravaggio (1598/99), Galleria Nazionale d’Arte Antica, Rom
„Narziss“ von Caravaggio (1598/99), Galleria Nazionale d’Arte Antica, Rom – The Yorck Project (CC)

Die Figur des jungen schönen Narziss ist so emotional und inspirierend, dass es unzählige Skulpturen, künstlerische und dichterische Darstellungen gibt. Durch Sigmund Freud wurde der Begriff „Narzissmus“ für eine psychopathologische Störung und infantile Entwicklungsphase geprägt. Heute gehört „Narzissmus“ zur Umgangssprache.


Narziss (Gedicht)


Narziss, verging. Von seiner Schönheit hob sich unaufhörlich seines Wesens Nähe, verdichtet wie der Duft vom Heliotrop. Ihm aber war gesetzt, dass er sich sähe. Er liebt, was ihm ausging, wieder ein und war nicht mehr im offnen Wind enthalten und schloss entzückt den Umkreis der Gestalten und hob sich auf und konnte nicht mehr sein.


Rainer Maria Rilke, April 1913, Paris



13. Nymphomanie


Bedeutung: gesteigerter Sexualdrang bei Frauen, „Mannstollheit“


Genauer gesagt handelt es sich hier um das gesteigerte Verlangen von Frauen nach Geschlechtsverkehr, der mit häufigem Partnerwechsel einhergeht. Das männliche Gegenstück hierzu ist der „Satyrismus“ – das übermäßige sexuelle Verlangen von Männern nach vielen Frauen.


Der Begriff ist auf die „Nymphen“ aus der griechischen und römischen Mythologie zurückzuführen. Nymphen sind weibliche Naturgeister, niedere Gottheiten bzw. Personifikationen von Naturkräften. Sie sind zudem häufig die Begleiterinnen von anderen Göttern. Sie gelten als das Symbol für Fruchtbarkeit und Sexualität schlechthin. Sie werden als wunderschöne junge Frauen dargestellt, meistens nackt oder sehr leicht bekleidet. Nymphen tragen häufig Blumen mit sich.


„Nymphe und Satyr“ von William Adolphe Bouguereau (1873), Metropolitan Museum of Art, NYC
„Nymphe und Satyr“ von William Adolphe Bouguereau (1873), Metropolitan Museum of Art, NYC - Sterling and Francine Clark Art Institute (CC)

Die Mischung aus jugendlicher Sexualität und Naturverbundenheit inspirierte viele Künstler. Es gibt unzählige Gemälde und Skulpturen von Nymphen, darunter von Arnold Böcklin, Édouard Manet und Henryk Siemiradzki. In der Literatur waren Nymphen ein beliebtes Thema zu Zeiten der Renaissance und Romantik. Aber auch in der Musik kommt dieses Motiv immer wieder zum Tragen – damals wie heute. Der französische Komponist Debussy schrieb das Musikstück „Syrinx“, in dem der Gott Pan einer Nymphe nachstellt. Außerdem veröffentlichte die Band „In Extremo“ ein Lied mit dem Titel „Nymphenzeit“. Sogar die Filmindustrie bedient die Legenden aus der griechischen Mythologie. „Nymphs“ ist eine finnische TV-Serie über drei Nymphen. Speziell dem Thema der Nymphomanie widmete sich der Film „Nymphomaniac“, in dem unter anderem Shia LaBeouf mitspielt. Das Filmdrama erzählt die Lebensgeschichte einer sexsüchtigen Frau.



14. Ödipuskomplex


Bedeutung: Verlangen nach einer sexuellen Beziehung mit einem Elternteil, vorwiegend der eigenen Mutter


Der Begriff wurde von Sigmund Freud geprägt und ist angelehnt an die Geschichte um „Ödipus“ in der griechischen Mythologie. Das Gegenstück hierzu ist der sogenannte „Elektrakomplex“ – die übermäßige Bindung einer Tochter zu ihrem eigenen Vater bei gleichzeitiger Feindseligkeit gegenüber der Mutter.


„Der blinde Ödipus befiehlt seine Kinder den Göttern“ von Bénigne Gagneraux (1784), Nationalmuseum Stockholm, Schweden
„Der blinde Ödipus befiehlt seine Kinder den Göttern“ von Bénigne Gagneraux (1784), Nationalmuseum Stockholm, Schweden - Dr. Osama Shukir Muhammed Amin (CC)

Der Legende zufolge heiratete Ödipus versehentlich seine Mutter, nachdem er nichtsahnend seinen Vater getötet hatte. In dem griechischen Drama „König Ödipus“ von Sophokles erhängt sich die Mutter, nachdem sie die Wahrheit erfährt, und Ödipus sticht sich die Augen aus, bevor er ins Exil flieht. Insgesamt gibt es mehrere Versionen der Geschichte, aber die Kernhandlung bleibt immer gleich. Das Schicksal von Ödipus wird bis heute gerne in Kunst, Literatur und als Theater dargestellt. Das Drama von Sophokles wird weiterhin aufgeführt und neu interpretiert.



15. Pandora


Bedeutung: „die Büchse der Pandora öffnen“ – mit einer Handlung viel Leid und Übel verursachen


Die berühmtesten Erzählungen über Pandora stammen vom griechischen Dichter Hesiod. Er beschreibt sie in seinen Schriften als „schönes Übel“. Der Name „Pandora“ wird als „Allbegabte“ übersetzt und ist in der griechischen Mythologie eine Frau, die aus Lehm erschaffen wurde. Zeus trägt Hephaistos – dem Gott des Feuers – auf, Pandora aus Lehm zu formen und zu den Menschen zu schicken. Sie ist die göttliche Rache dafür, dass Prometheus das Feuer gestohlen hatte. Pandora bekam außerdem eine Büchse, in der alles Übel der Welt, aber auch Hoffnung enthalten ist. Sie schenkte diese Büchse den Menschen mit der Anweisung, sie niemals zu öffnen. Doch Pandora ist sehr verführerisch und wurde von den Göttern mit zahlreichen positiven Eigenschaften ausgestattet: Schönheit, Geschicklichkeit und musikalisches Talent. Sie gilt jedoch auch als neugierig und übermütig.


Der Mythos endet damit, dass Prometheus alle Warnungen ignoriert und Pandora heiratet. Daraufhin öffnet sie die Büchse und alle Laster und Untugenden, alle Mühen und Krankheiten, ja sogar der Tod entweichen in die Welt. Seitdem erobert das Schlechte die Reiche der Menschen und quält sie.


„Pandora“ von Dante Gabriel Rosetti (1871)
„Pandora“ von Dante Gabriel Rosetti (1871) – Sotheby’s, London (CC)

Nietzsche beschreibt in seinem Werk „Menschliches, Allzumenschliches“, dass die Hoffnung das übelste aller Übel sei: „weil der Mensch, auch noch so sehr durch die anderen Übel gequält, doch das Leben nicht wegwerfe, sondern fortfahre, sich immer von Neuem quälen zu lassen“.


Eventuell war der ursprüngliche Mythos einst nicht so apokalyptisch und Pandora galt vielmehr als eine Göttin der Erde und Fruchtbarkeit, die dieser Welt ihre Gaben schenkte. Früheste antike Darstellungen rücken Sie in eine Reihe mit den Göttinnen „Demeter“ und „Gaia“. Es ist durchaus möglich, dass Hesiods Darstellung von Pandora eine misogyne Verfremdung eines viel älteren und positiv bewerteten Mythos gewesen ist.


Bis heute werden Parallelen zwischen der Legende von Pandora und dem Sündenfall in der Bibel gezogen. In der Neuzeit wird Pandora mit ihrer unheilbringenden Büchse auch als Sinnbild für die Verführungskünste der Frauen gesehen. Künstler und Schriftsteller aller Epochen stilisierten Pandora zum Teil auf unterschiedliche Arten und Weisen, darunter Dante Gabriel Rossetti, Edwin Scharff, Frank Wedekind oder Johann Wolfgang von Goethe.



16. Sisyphusarbeit


Bedeutung: eine schwere, ertrag- und aussichtslose Arbeit, die niemals ein Ende haben wird


Dieser Begriff ist angelehnt als „Sisyphos“ aus der griechischen Mythologie (lat. Sisyphus). Er war der König von Korinth und galt als Götter verachtender Frevler. Er war sehr gerissen und trieb gerne seine Späße mit den griechischen Göttern. Es gelang ihm mehrmals den Tod zu überlisten und auch den Tod anderer zu verhindern, indem er den Totengott „Thanatos“ fesselte. Auf diese Weise konnten keine neuen Seelen in den Hades eintreten. Irgendwann bewältigte es Gott Hermes jedoch, Sisyphos in die Unterwelt zu verbannen. Als Strafe für seinen Übermut muss der Gotteslästerer bis in alle Ewigkeit einen großen Felsbrocken einen Berg im Hades hinaufschleppen, der immer wieder runterrollt, kurz bevor er den Gipfel erreicht.


Eine schwarzfigurige attische Amphore um 530 v. Chr., die Sisyphos mit dem Felsbrocken zeigt, Staatliche Antikensammlungen, München
Eine schwarzfigurige attische Amphore um 530 v. Chr., die Sisyphos mit dem Felsbrocken zeigt, Staatliche Antikensammlungen, München – Bibi Saint-Pol (CC)

Die Redewendung der „Sisyphusarbeit“ ist wie kaum eine andere über Ländergrenzen hinweg bekannt geworden. Heute gibt es diesen Begriff zum Beispiel auch im Englischen, Französischen, Spanischen, Italienischen, Polnischen und Russischen. Der französische Biologie, Chemiker und Nobelpreisträger Jacques Monod wählte Sisyphos als Symbol für die Wissenschaft – die sich immer wieder aufs Neue selbst infrage stellen muss.



17. Skylla und Charybdis


Bedeutung: „die Wahl zwischen Skylla und Charybdis“ – die Wahl zwischen zwei Übeln; ein auswegloses Dilemma, aus dem man nicht unbeschadet herauskommen kann


Skylla und Charybdis sind zwei Ungeheuer der griechischen Mythologie. Sie lebten beide an zwei unterschiedlichen Enden einer Meerenge. Skylla fraß alles Lebende, das ihr zu nahe kam. Mit ihren großen Fangarmen ergriff sie jeden unvorsichtigen Seefahrer. Der Legende zufolge fuhr Odysseus durch die Meerenge. Dabei wurden sechs seiner Gefährten von Skylla gefressen. Auf der anderen Seite der Meerenge lebte Charybdis. Sie sog mehrmals am Tag das Meerwasser ein und spuckte es wieder aus. Alle Schiffe, die in den Sog dieser Wassermengen gerieten, waren für immer verloren.


Darstellung der Skylla auf böotischer Keramik um etwa 450-425 v. Chr., Louvre Museum, Paris
Darstellung der Skylla auf böotischer Keramik um etwa 450-425 v. Chr., Louvre Museum, Paris - Marie-Lan Nguyen (CC)

Es wurde viel spekuliert, wo sich diese berüchtigte Meerenge befinden könnte und was genau hinter diesen Naturgewalten steckt. Der Historiker Heinz Warnecke vermutet diese Stelle zwischen dem Golf von Patras und dem Golf von Korinth. Dort entstehen bis heute regelmäßig Wasserhosen, die in der Antike als Arme eines Monsters interpretiert werden konnten, die Menschen sogar vom Deck eines Schiffes mitrissen.



18. Sphinx


Bedeutung: eine Person, die rätselhalft ist oder in Rätseln spricht bzw. schwierig zu verstehen ist


Dieser Ausdruck geht nicht auf die Sphinx in Ägypten zurück, sondern auf die thebanische Sphinx der griechischen Mythologie, die auf einem hohen Felsen bei Theben lebte. Sie gab jedem, der an ihr vorbeiziehen wollte, ein schwieriges Rätsel auf, das dieser lösen musste. Die Sphinx gilt als Dämon der Zerstörung und des Unheils. Sie ist u. a. die Schwester von Hydra und Zerberus. Jeder, der ihr Rätsel nicht lösen konnte, wurde von ihr erwürgt und gefressen.


Darstellung der Skylla auf böotischer Keramik um etwa 450-425 v. Chr., Louvre Museum, Paris
Sphinx-Marmorstatue aus Attika (um 530 v. Chr.), Metropolitan Museum of Art, NYC – Xuan Che (CC)

Das Rätsel der Sphinx lautete im Original: „Was ist es, das mit einer Stimme begabt, bald vierbeinig, zweibeinig und dreibeinig wird?“ Frei im Deutschen übersetzt heißt es: „Was geht am Morgen auf vier Füßen, am Mittag auf zweien und am Abend auf dreien?“. Ödipus war der erste, der dieses Rätsel lösen konnte. Die Antwort darauf war: „der Mensch“. Als Kleinkind krabbelt er auf allen Vieren. Als Erwachsener geht er aufrecht auf zwei Beinen. Als alter Mensch geht er mit einem Stock als drittes Bein. Ödipus sprach die richtige Antwort aus und die Sphinx stürzte sich von ihrem Felsen hinab in den Tod.


In der Kunst des 19. Jahrhunderts wurde die Begegnung der Sphinx mit Ödipus häufig als ein symbolisches Treffen zwischen Mann und Frau interpretiert, das konfliktbehaftet ist. Die Sphinx steht hierbei für „das Rätsel der Frau“.



19. Tantalusqualen


Bedeutung: Qualen, die entstehen, wenn scheinbar in Reichweite befindliche verlockende Dinge in Wirklichkeit unerreichbar sind


Dieser Begriff geht auf den phrygischen König Tantalos (lat. Tantalus) in der griechischen Mythologie zurück. Er war unermesslich reich und mächtig. Gleichzeitig frevelte er gegen die Götter und zog ihren Zorn auf sich. Hier nur ein Beispiel: Er gab einst ein Festmahl für die Götter in seinem eigenen Heim, tötete dabei seinen Sohn und servierte ihn den Göttern zum Essen, nur um zu schauen, ob sie es bemerken würden. Sie bemerkten es und ließen den Sohn wiederauferstehen.


Am Ende wurde Tantalos mit einem Fluch belegt und in die tiefste Region des Hades verbannt. Dort erlitt er die „Tantalusqualen“. Er sollte auf ewig Hunger und Durst leiden. Frisches Wasser und süße Früchte („Tantalusfrüchte“) waren überall, doch er konnte sie nicht erreichen. Zeitgleich schwebte über ihm ein riesiger Felsbrocken, der jederzeit hinabzustürzen drohte.


„Tantalus“ von Gioacchino Assereto (1630/1640), Auckland Art Gallery, Neuseeland
„Tantalus“ von Gioacchino Assereto (1630/1640), Auckland Art Gallery, Neuseeland – Universalmuseum Joanneum (CC)

Homer schildert die Tantalusqualen in seiner Odyssee folgendermaßen:


„Auch den Tantalos sah ich, mit schweren Qualen belastet. Mitten im Teiche stand er, den Kinn von der Welle bespület, Lechzte hinab vor Durst, und konnte zum Trinken nicht kommen. Denn so oft sich der Greis hinbückte, die Zunge zu kühlen; Schwand das versiegende Wasser hinweg, und rings um die Füße Zeigte sich schwarzer Sand, getrocknet vom feindlichen Dämon. Fruchtbare Bäume neigten um seine Scheitel die Zweige, Voll balsamischer Birnen, Granaten und grüner Oliven, Oder voll süßer Feigen und rötlichgesprenkelter Äpfel. Aber sobald sich der Greis aufreckte, der Früchte zu pflücken; Wirbelte plötzlich der Sturm sie empor zu den schattigen Wolken.“


– Odyssee 11, 582–592; übersetzt von Johann Heinrich Voß (Creative Commons)



20. Zerberus


Bedeutung: „Wie ein Zerberus über etwas wachen“ – ein Wächter, an dem niemand vorbeikommt


Grundlage für diese Redewendung ist der Höllenhund Kerberos in der griechischen Mythologie (lat. Cerberus, dt. Zerberus) – ein Dämon mit drei Köpfen, der die Pforte zur Unterwelt bewacht, sodass kein Lebender hineinkommen und kein Toter flüchten kann. Es gibt unterschiedliche Darstellungen von ihm, in denen er manchmal ein, zwei, fünfzig oder sogar hundert Köpfe hat. Manche Dichter und Künstler zeigten ihn mit einem Schlangenschwanz oder Fell aus Schlangen. Sein Bellen klang je nach Überlieferung metallisch und sein Atem war tödlich.


„Herkules und Cerberus”, Kupferstich von Hans Sebald Beham (1545)
„Herkules und Cerberus”, Kupferstich von Hans Sebald Beham (1545), Scan: Yellow Lion (CC)

Als Herakles den Höllenhund Zerberus im Rahmen seiner zwölf Aufgaben in die Oberwelt hinauftrug, lief dem Monster Speichel aus dem Maul und tropfte auf den Boden. An dieser Stelle spross sogleich eine giftige Blume, die heutzutage als Eisenhut bekannt ist.


Dante beschrieb den Dämon in seiner „Göttlichen Komödie“ (Sechster Gesang):


Der Zerberus, das Untier grausam wild, Bellt jeden an, der kommt, aus dreien Kehlen, Daraus nach Hundeart sein Kläffen schrillt. Schwarz trieft sein Bart, glutrot die Lichter schwelen, Mit Tatzen, krallenscharf, den Bauch geschwollen, Packt, schindet, vierteilt er die armen Seelen. Wie Hunde heulen die im Regen, rollen Sich hin und her, bald jenes Glied, bald dies Als Schirm emporgekehrt, die Jammervollen. Uns witternd riß die Mäuler auf und wies Die Hauer Zerberus, der Höllendrachen, Und blieb kein Haar in Ruh an seinem Vlies.



Im ersten Teil der Harry Potter Reihe wurde ebenfalls ein riesiger dreiköpfiger Hund dargestellt, der eine Falltür bewacht und – angelehnt an das griechische Epos um Orpheus – mit Musik zum Schlafen gebracht werden kann. In der Informatik ist „Kerberos“ heute ein Authentifizierungsdienst für offene Computernetze im Internet.


 

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Quellen bzw. weiterführende Links:


(1) Hellenica World: „Achillesferse“

(2) Archäologiemseum Schloss Eggenberg: „Adonis und Venus“

(3) Süddeutsche Zeitung: „Das Geheimnis der Amazonen“

(4) chemie.de: „Aphrodisiakum“

(6) Hellenica World: „Kirke“

(9) de-academic.com: „Hydra (Mythologie)“

(10) Griechische Mythologie Fandom: „Ikarus“

(11) wissen.de: „Mentor“

(12) Hellenica World: „Narziss“

(13) Hellenica World: „Nymphe“

(14) Hellenica World: „Ödipus“

(19) wissen.de: „Tantalusqualen“

(20) Griechische Mythologie Fandom: „Zerberus“

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