Sie ist unsichtbar, aber sehr gefährlich. Sie kommt mit der Luft durch Türen und Fenster. Man kann sie nicht riechen oder anderweitig wahrnehmen. Radioaktive Strahlung ruft je nach Intensität verschiedene Symptome im menschlichen Körper hervor und kann zur Strahlenkrankheit führen. Was sind die kurzfristigen und langfristigen Folgen von Radioaktivität? Ab wann wird sie gefährlich? Wie kann man Verstrahlung behandeln und welche Erste-Hilfe-Maßnahmen gibt es? In diesem Beitrag werden alle wichtigen Fragen geklärt.
Kapitel in diesem Beitrag
Was ist die Strahlenkrankheit?
Tschernobyl-AIDS
Wie viel radioaktive Strahlung ist gefährlich?
Symptome bei Menschen je nach Strahlungsintensität (in 10 Schritten)
Erste Hilfe, Behandlung und Therapie bei radioaktiver Verstrahlung
Was ist die Strahlenkrankheit?
Die sogenannte „Strahlenkrankheit“ tritt zum Beispiel nach Atombomben-Explosionen oder Strahlungsunfällen auf. Der bisher bekannteste Unfall in einem Kernkraftwerk war die nukleare Katastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986. Opfer des Reaktorunfalls gibt es viele. Manche von ihnen (z. B. einige der Feuerwehrmänner, die bereits kurz nach der Explosion vor Ort waren, um den Brand zu löschen) starben nach wenigen Tagen. Andere Opfer (z. B. Bewohner der naheliegenden Stadt „Prypjat“) lebten noch 20 Jahre oder länger.
Auch die Nuklearkatastrophe von Fukushima ging in die Geschichte ein. Ein Tsunami beschädigte das Atomkraftwerk in Japan und damit begann am 11. Mai 2011 eine ganze Unfallserie. Das Gebiet ist so verstrahlt, dass die Bewohner von Fukushima auch zehn Jahre nach der Katastrophe nicht in ihre Häuser zurückkehren konnten.
Was passiert, wenn man hoher radioaktiver Strahlung ausgesetzt ist? Die ionisierende Strahlung, wie z. B. Röntgen- oder Gammastrahlung, tötet die bestrahlten Zellen nicht sofort, sondern verhindert ihre Teilungsfähigkeit. Hautzellen haben eine sehr hohe Zellaustauschrate. Wenn hier also plötzlich keine neuen Zellen gebildet werden können, ist die Haut bereits nach wenigen Tagen zerstört. Knochen hingegen haben eine niedrige Zellaustauschrate und wachsen deutlich langsamer. Hier zeigen sich Strahlenschäden erst nach Monaten. Erste Anzeichen einer Strahlenkrankheit sind Kopfschmerzen („Strahlenkater“), Übelkeit und Erbrechen. Doch es kann noch viel schlimmer werden.
Tschernobyl-AIDS
Die Körperabwehr vieler Menschen, die unmittelbar von der Tschernobyl-Katastrophe betroffen waren, ist zum Teil so beschädigt gewesen, dass man vom sogenannten „Tschernobyl-AIDS“ sprach. Das Immunsystem dieser Personen funktionierte nicht mehr richtig. Die Schilddrüsen wurden dicker, weil sich das radioaktive Jod in ihnen ansammelte. Die Menschen fühlten sich müde und schwach. Das Infektionsrisiko erhöhte sich drastisch, was typisch für so einen Vorfall ist. Im Rahmen einer Behandlung werden in entsprechenden Fällen Antibiotika gegeben. Eine enorme Schwächung des Immunsystems durch radioaktive Strahlung wurde auch nach Atomtests beobachtet und ist keineswegs ein reines Tschernobyl-Phänomen.
Wie viel radioaktive Strahlung ist gefährlich?
Ab wann spricht man von hoher radioaktiver Strahlung? Es heißt ja, die Dosis macht das Gift. Bei der Radioaktivität ist das auch der Fall. Die Strahlendosis wird in Gray (Gy – absorbierte Energiedosis) bzw. in Sievert (Sv – effektive Energiedosis) gemessen. Um etwas mehr Klarheit zu schaffen sei gesagt, dass diese Einheiten im Grunde identisch sind (mit Ausnahmen!). Sie beschreiben ein Joule pro Kg.
Der gesetzliche Grenzwert im Rahmen des Strahlenschutzes liegt bei 20 mSv. Ab einem Wert von 1 Gy Ganzkörperbestrahlung spricht man von einer Strahlenkrankheit. Doch bereits bei niedrigeren Werten können Spätfolgen wie Krebs und Erbgutveränderungen auftreten. Zum Vergleich: Es wurden bereits Strahlungswerte von mehr als 80 Gy gemessen.
Im Allgemeinen gilt, je höher die Strahlenwerte:
desto stärker sind die Symptome
desto schneller treten die Symptome auf
desto länger dauert der Genesungsprozess
desto geringer sind die Überlebenschancen
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Symptome bei Menschen je nach Strahlungsintensität (in 10 Schritten):
Die folgenden Daten stammen u. a. aus den Untersuchungen von Atomtests in Bezug auf eine Ganzkörperbestrahlung mit Röntgen- und Gammastrahlen. Es handelt sich hier nur um eine Einschätzung.
Bis 1 Gy: Nicht tödlich, aber Spätfolgen möglich
Keine Strahlenkrankheit
Keine Symptome möglich
Kopfschmerzen
Eventuelle Spätfolgen: Krebs, Erbgutveränderungen
Häufigste Krebsart: Leukämie (Blutkrebs)
1 – 2 Gy: 10 % Todesfälle nach 30 Tagen
Leichte Strahlenkrankheit
Übelkeit mit Erbrechen
Müdigkeit
Vorübergehende Unfruchtbarkeit bei Männern
Signifikante Schwächung des Immunsystems („Tschernobyl-AIDS“)
Verletzungen heilen langsamer
Symptome können bis zu einem Monat andauern
2 – 3 Gy: 35 % Todesfälle nach 30 Tagen
Schwere Strahlenkrankheit
Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
Haarausfall am ganzen Körper
Bereits dauerhafte Unfruchtbarkeit bei Frauen möglich
Symptome können mehrere Monate andauern
3 – 4 Gy: 50 % Todesfälle nach 30 Tagen
Schwere Strahlenkrankheit
Symptome wie bisher
Blutungen im Mund, unter der Haut und in den Nieren
4 – 6 Gy: 60 % Todesfälle nach 14 Tagen
Akute Strahlenkrankheit
Symptome wie bisher
Erste Symptome bereits 30 Minuten nach Verstrahlung möglich
6 – 10 Gy: Bis zu 100 % Todesfälle nach 14 Tagen
Kaum Überlebenschancen
Einzige Hilfe: Knochenmarktransplantation
Symptome wie bisher
Vollständige Genesung unwahrscheinlich
10 – 20 Gy: 100 % Todesfälle nach 7 Tagen
Keine Überlebenschancen
Erste Symptome bereits 5 Minuten nach Verstrahlung
Einzige Therapie: Schmerzstillung bis zum Tod
20 – 50 Gy: 100 % Todesfälle nach 3 Tagen
Keine Überlebenschancen
Einzige Therapie: Schmerzstillung bis zum Tod
Über 50 Gy: 100 % Todesfälle innerhalb weniger Stunden
Sofortige Desorientierung und Koma
Über 80 Gy: Sofortiger Tod
Erste Hilfe, Behandlung und Therapie bei radioaktiver Verstrahlung
Entfernen von radioaktiv verstrahlten Substanzen vom Körper der betroffenen Person (Dekontamination)
Gabe von Iod (verhindert, dass sich radioaktives Iod in der Schilddrüse anreichert – hilft im Grunde aber nur, wenn es vor der Kontamination eingenommen wird)
Eventuelle Bluttransfusion bzw. Stammzellen-Transplantation
Knochenmarktransplantation bei sehr starker Verstrahlung
Gabe von Antibiotika, da das Infektionsrisiko nach radioaktiver Verstrahlung stark erhöht ist („Tschernobyl-AIDS“)
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Quellen bzw. weiterführende Links:
(1) Bundesamt für Strahlenschutz: „Folgen eines Strahlenunfalls“
(2) chemie.de: „Strahlenkrankheit“
(3) Spiegel Wissenschaft: „Folgen von Radioaktivität: Was die Strahlen im Menschen anrichten“
(4) Crisis Prevention: „Tschernobyl - Der Feuerwehreinsatz aus heutiger Sicht“
(5) Ärzte Zeitung: „Glossar zum Strahlenschutz“
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