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Bücherverbrennung: Diese 20 Bücher wurden 1933 von den Nazis verboten & verbrannt

Anastasia Michailova

Aktualisiert: 16. Feb. 2024

Im Dritten Reich gab es mindestens 102 bekannte Bücherverbrennungen in mehr als 90 deutschen Städten. Zwischen März und Oktober 1933 verbrannten die Nazis sämtliche Literatur, die nicht dem nationalsozialistischen Weltbild entsprach. Welche Werke wurden verbrannt? Und wer waren die Täter?


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Diese 20 Bücher wurden von den Nationalsozialisten verbrannt.

Vorgeschichte zur Bücherverbrennung: Von Studenten geplant!


Von April bis Mai 1933 gab es eine vier Wochen andauernde öffentliche Kampagne in zahlreichen deutschen Hochschulstädten wie Berlin, München, Marburg, Göttingen, Braunschweig, Hannover, Würzburg und Kiel. Sie begann am 13. April, als die Deutsche Studentenschaft weiße Plakate mit zwölf Thesen anschlug. Die Studenten verkündeten klar und deutlich: „Wir fordern die Auslese von Studenten und Professoren nach der Sicherheit des Denkens im deutschen Geiste.“



Es waren also Studenten, die diese Bücherverbrennungen „wider den undeutschen Geist“ ins Leben gerufen haben. Es folgten der sogenannte „Juden-Boykott“ und ein Rundschreiben der Deutschen Studentenschaft, in dem u. a. Hochschullehrer und Professoren mit jüdischem oder kommunistischem Hintergrund identifiziert werden sollten. Mithilfe von Bibliothekaren, Buchhändlern und lokalen „Kampfbünden“ erstellten die Studenten sogenannte „schwarze Listen“, auf denen „undeutsche“ Werke zusammengetragen wurden. An manchen Hochschulen stellten sie diese Bücher an „Schandpfählen“ zur Schau. Die Studenten sammelten entsprechende Literatur aus Bibliotheken, Buchhandlungen und Privathaushalten, um sie in einem „feierlichen Akt“ in der Nähe von Hochschulen und Universitäten zu verbrennen.


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Studenten und SA verbrennen gemeinsam Bücher auf dem Opernplatz in Berlin - 10. Mai 1933. Bild: Bundesarchiv (CC)

Als Höhepunkt galt der 10. Mai, an dem Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, der selbst bei einer Bücherverbrennung anwesend war, feierlich verkündete, das „Zeitalter eines überspitzten jüdischen Intellektualismus“ sei beendet. Die (vor allem jungen!) Leute sammelten ganze Wagen voller Bücher, um sie zu verbrennen. Allein in Berlin sollen über 20.000 Exemplare zusammengekommen sein. Rund 70.000 Menschen seien an jenem Tag in Berlin rund um den Bebelplatz (damals Opernplatz) versammelt gewesen – Studenten, Professoren, Verbände der SA, SS und Hitlerjugend (HJ).


Bücherverbrennung auf dem Opernplatz in Berlin - 11. Mai 1933, Nationalsozialismus, Deutschland
Bücherverbrennung auf dem Opernplatz in Berlin - 11. Mai 1933. Bild: Bundesarchiv (CC)

Der Autor Erich Kästner, dessen eigene Werke selbst Opfer der Flammen wurden, wagte sich an einen Scheiterhaufen und schrieb dazu: „Ich stand vor der Universität eingekeilt zwischen Studenten in SA-Uniform, sah unsere Bücher in die zuckenden Flammen fliegen und hörte die schmalzigen Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners. Begräbniswetter hing über der Stadt. (...) Es war widerlich.“



Auch nach dem 10. Mai sollten noch viele Bücher brennen – vornehmlich auf Schulhöfen, häufig organisiert durch die Hitlerjugend. Es heißt, dass Schüler sogar eine Stunde vom Unterricht befreit wurden, um dieser „Feier“ beizuwohnen. Es folgen Bücherverbrennungen für „Deutsche Geistigkeit und Kultur“, „Kampfwochen gegen Schmutz und Schund“ und „kulturelle Kampfwochen“ in vielen Orten wie Essen, Bad Kreuznach, Greifswald, Baden, Karlsruhe, Offenburg, Pforzheim, Waldkirch, Waldshut oder Heidelberg.


Bücherverbrennung auf dem Opernplatz in Berlin - 10. Mai 1933, Nationalsozialismus, Deutschland
Ein Mitglied der SA wirft ein Buch ins Feuer - Berlin, 10. Mai 1933. Bild: United States Holocaust Memorial Museum (CC)

Bereits im Jahr 1829 machte Heinrich Heine, dessen Bücher ebenfalls von den Nazis verboten und verbrannt wurden, in seinem Trauerspiel „Almansor“ eine „düstere Prophezeiung“, die sich nur wenige Jahre nach den Bücherverbrennungen im Dritten Reich bewahrheiten sollte: „Das war ein Vorspiel nur. Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“ Viele Autoren wurden in Nazi-Deutschland schikaniert, verfolgt und misshandelt. So wurde zum Beispiel der Schriftsteller, Pazifist und Nobelpreisträger Carl von Ossietzky mehrmals inhaftiert (Gefängnis und Konzentrationslager) und starb später an den Folgen der Folter.



20 Bücher, die von den Nazis verbrannt wurden


Dies ist nur eine kleine Auswahl an Literatur, die den Flammen der Nationalsozialisten zum Opfer fiel. Neben sämtlichen kommunistischen Werken und Geschichtsbüchern, die Deutschland in irgendeiner Weise verunglimpften, sind viele Bücher auf der schwarzen Liste, von denen man es auf den ersten Blick gar nicht erwartet hätte. Dabei kommt eine erstaunliche Vielfalt zusammen. Falls vorhanden, wurde den jeweiligen Büchern ein Amazon-Link beigefügt.


1. Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie (Albert Einstein, 1916)


Bereits mehr als zehn Jahre vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten äußerte der in Ulm geborene Albert Einstein Sorgen bezüglich der Zukunft Deutschlands, wie aus seinen Briefen deutlich wird. Obwohl die Ausschreitungen gegen Juden zunahmen, versuchte der selbst jüdische Wissenschaftler gelassen zu bleiben und seine Forschung unabhängig vom deutschen Staat zu betreiben. Doch im Jahr 1933 wurden bald Gesetze gegen Juden erlassen. Einsteins Theorien galten fortan als „jüdische Physik“. Also floh er in die USA, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 1955 lebte.



Einsteins Relativitätstheorie spielte eine besondere Rolle, weshalb sie später auch auf den Scheiterhaufen der Nazis landete. Bereits zu Zeiten der Novemberrevolution 1918/19 (Ende des Ersten Weltkrieges und Sturz der deutschen Monarchie) fühlten sich viele von den damaligen wissenschaftlichen Fortschritten beflügelt und sahen gar eine Art „Wissenschaftliche Revolution“, wie die Londoner „Times“ den Zeitgeist betitelte. Einstein galt als prominentester Vertreter dieser neuen Wissenschaftsbewegung (ob nun beabsichtigt oder unbeabsichtigt) und seine Relativitätstheorie war der Zunder für dieses allgemeine Hochgefühl. Diese Entwicklung sorgte in kirchennahen und konservativen Kreisen jedoch für Widerstand. Als die Nationalsozialisten in Deutschland an Einfluss gewannen, wurde Einstein auch seine jüdische Herkunft zum Verhängnis.


Auf der Titelseite des „Völkischen Beobachters“ hieß es: „Wissenschaft, einst unseres Volkes größter Stolz, wird heute gelehrt durch Hebräer, denen im günstigsten Fall diese Wissenschaft nur Mittel ist zu ihrem eigenen Zweck, zum häufigsten aber Mittel zur bewussten planmäßigen Vergiftung unserer Volksseele und dadurch zur Herbeiführung des inneren Zusammenbruches unseres Volkes ist.“


Anmerkung: Albert Einstein veröffentlichte seine Gedanken zur Relativitätstheorie in zwei Schritten: Die Spezielle Relativitätstheorie (1905) und Die Allgemeine Relativitätstheorie (1916).


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2. Morgen um neun (Gina Kaus, 1932)


Dieser Roman spielt im Zeitraum eines späten Nachmittags bis zum darauffolgenden Tag um neun und handelt von dem Scheidungstermin eines Ehepaares. Dramatisch, sachlich aber auch mit Witz trägt die Autorin den Leser durch zahlreiche Orte, vermutlich in Wien. Vorwiegend handelt das Buch von der schwierigen Kommunikation zwischen Mann und Frau und verschiedenen miteinander kollidierenden Rollenbildern im frühen 20. Jahrhundert.


Die Wiener Autorin Gina Kaus schreibt in ihrer Biografie „Von Wien nach Hollywood“ über die Bücherverbrennung durch die Nazis: „Am 10. Mai dieses Jahres 1933 wurden meine Bücher in Berlin öf­fentlich verbrannt, zusammen mit denen von über dreißig anderen Autoren. Nie zuvor war ich in besserer Gesellschaft gewesen.“


Hier bei Amazon anschauen: Gina Kaus „Morgen um neun“



3. Die Geschichte unserer Welt (H. G. Wells, 1926)


Dieses Buch schildert die Weltgeschichte aus damaliger Sicht: Von den Anfängen des Lebens vor etwa zwei Milliarden Jahren, bis hin zum Aufstieg des Menschen, dem Ende des Ersten Weltkrieges, der russischen Hungersnot 1922 und der Gründung des Völkerbundes. Das Buch behandelt die Evolution des Menschen, die Entwicklung von Zivilisationen, sowie die Geschichte von Kunst und Wissenschaft.


Der in London geborene Herbert George Wells studierte Naturwissenschaften und verfasste neben wissenschaftlichen auch fiktive Werke (z. B. „Krieg der Welten“). Seine Bücher haben die Entstehung der Science-Fiction-Literatur maßgeblich beeinflusst.




4. Die Verwandlung (Franz Kafka, 1912)


Die Erzählung handelt von Gregor Samsa, der sich plötzlich in ein Insekt („Ungeziefer“) verwandelt. Infolgedessen zerbricht die Kommunikation mit seinem sozialen Umfeld, bis sich seine Familie von ihm abwendet und Samsa zugrunde geht.


Bis heute gibt es zahlreiche psychologische und soziologische Interpretationsversuche. Kafka selbst war jüdischer Herkunft. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er in Prag. Franz Kafkas Werke zählen heute zur Weltliteratur.


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5. Herz der Finsternis (Joseph Conrad, 1899)


Dieses Werk zählt heute zu den wichtigsten Prosaerzählungen in englischer Sprache. Es handelt von dem Seemann Charlie Marlow, der seinen Freunden von einer Reise nach Zentralafrika berichtet, auf der er Kapitän eines Flussdampfers gewesen ist. Er wird Augenzeuge von furchtbarer Gewalt gegen die Eingeborenen und beginnt an der Unterdrückung und Ausbeutung durch die englischen Kolonialherren zu zweifeln. Seine Freunde zeigen jedoch wenig Interesse an seinen Sorgen und er selbst ist voller Zweifel.


Obwohl Joseph Conrad erst mit Anfang zwanzig Englisch lernte, zählt der polnisch-britische Schriftsteller zu den bedeutendsten englischen Schriftstellern des 19. Jahrhunderts. Geboren ist er in Berdytschiw, in der heutigen Ukraine – damals Russisches Kaiserreich.


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6. Das kunstseidene Mädchen (Irmgard Keun, 1932)


Dieser Zeitroman ist in Tagebuchform verfasst und beschreibt sarkastisch und gesellschaftskritisch ein Jahr aus dem Leben der 18-jährigen Doris, die in der späten Phase der Weimarer Republik lebt - zunächst in einer Stadt im Rheinland, später in der Hauptstadt Berlin. Doris ist Sekretärin in einem Anwaltsbüro und führt ihr Leben in einem „kleinbürgerlichen Milieu“. Sie fühlt sich jedoch beengt, möchte selbstbestimmt leben und für sich selbst sorgen. Da sie jedoch nicht viel Geld hat, bleibt sie stets von Männern abhängig. Die junge Frau ist attraktiv und hat viele Affären. Um ihr Leben zu finanzieren, bewegt sie sich zwischen dem „gesellschaftlich anerkannten“ Einsatz ihrer weiblichen Reize und „schändlicher“ Prostitution. Die Autorin schildert im Allgemeinen die sozialen und politischen Verhältnisse aus der Sicht von Frauen zur damaligen Zeit, mit einem Wunsch nach mehr Selbstbestimmung und Emanzipation.


Dieses in autobiografischem Stil geschriebene Buch wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt, verfilmt und in verschiedenen Bühnenfassungen aufgeführt. Nach langem Vergessen wurde die deutsche Autorin Irmgard Keun in den 70ern im Rahmen von feministischer Literaturkritik wiederentdeckt.




7. Deutschland. Ein Wintermärchen (Heinrich Heine, 1844)


Der einst in Düsseldorf geborene Dichter und Schriftsteller jüdischer Herkunft gilt als einer der letzten Vertreter der Romantik. Das Versepos „Deutschland. Ein Wintermärchen“ wurde von den Nationalsozialisten verboten und verbrannt. Heine schrieb dieses Werk einst aus seinem Exil in Frankreich und schwärmt darin vom guten Leben der Franzosen. Zugleich verspottet er preußische Beamte.


Heinrich Heines politische Position machte ihn im Grunde überall unbeliebt. Er war gegen die Obrigkeiten – also wurde er vom Staat zensiert. Er war Jude – also verachteten ihn die Nationalisten. Er war aber auch ein Patriot – deshalb hassten ihn die radikaldemokratischen Bewegungen.




8. Mit Kamera und Schreibmaschine durch Europa (Erich Grisar, 1932)


Diese Bildreportage des Dortmunder Dichters führt durch viele europäische Länder der frühen 30er Jahre des 20. Jahrhunderts: Niederlande, Belgien, England, Polen, Tschechoslowakei, Italien, Frankreich und Spanien. Herausgegeben vom sozialdemokratischen Verlag „Der Bücherkreis GmbH Berlin“ zeigt Erich Grisar insbesondere Orte der Arbeiterbewegung in der Stadt und auf dem Land, so zum Beispiel das Grab von Karl Marx in London oder das Züricher Wohnhaus von Lenin.


Neben „Postkartenidylle“ und Sehenswürdigkeiten zeigt Grisar auch unzensierte Armut und bedrückendes Elend, um dem Betrachter die Ungerechtigkeit der damaligen Zeit vor Augen zu führen. Auch Orte vergangener Schlachten bzw. Kriegsschauplätze werden dargestellt. In beigefügten Texten schildert Grisar unter anderem seine Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg. Dieses Werk ist in seiner Gesamtheit eine Positionierung gegen Krieg und Gewalt.




9. Schöne neue Welt (Aldous Huxley, 1932)


Dieses dystopische Werk zählt zu den einflussreichsten Romanen des 20. Jahrhunderts. Das Buch handelt von einer Gesellschaft im Jahr 2540 n. Chr, in der die Menschen in Kasten organisiert sind, um Spannungen zu vermeiden. Jede Auflehnung wird durch Indoktrination, Konsum, Drogen und sexuelle Befriedigung „erstickt“. Die Regierungsvertreter („Kontrolleure“) werden von den Menschen als „Idole“ verehrt.


Der britische Schriftsteller Aldous Huxley war insgesamt siebenmal für den Literaturnobelpreis nominiert und wurde von der britischen Regierung in den Ritterstand erhoben. „Schöne neue Welt“ wurde in zahlreichen Hörspielen, Bühnenaufführungen, Musikstücken und Filmen adaptiert.


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10. Zwölf Stühle (Ilja Ilf und Jewgeni Petrow, 1928)


Er gilt als heiterer sowjetischer Schelmenroman – voller Witz und Satire. Das Buch handelt von einem ehemaligen russischen Adligen, der sich nach der Russischen Revolution versteckt. Der Mann erfährt am Sterbebett seiner Schwiegermutter, dass die wertvollen Familienjuwelen in einem von zwölf Stühlen versteckt waren, die schon vor Jahren durch die Bolschewiki beschlagnahmt wurden. Auch ein orthodoxer Priester, der der alten Frau ihre letzte Beichte abnimmt, erfährt davon. Daraufhin beginnen beide Männer unabhängig voneinander mit der Jagd nach dem wertvollen Schatz.


Der russische Satire-Roman wurde mehr als ein Dutzend Mal verfilmt. Die beiden russisch-sowjetischen Schriftsteller schrieben gemeinsam noch eine Fortsetzung mit dem Titel „Das goldene Kalb“.




11. Die große Zeit der Lüge (Hellmut von Gerlach, 1926)


Dieses Buch ist ein „lebendiger Erlebnisbericht“, der die Atmosphäre und die Mentalität zur Zeit des Ersten Weltkrieges in Deutschland dokumentiert. Der Autor beschreibt, wie die deutsche Bevölkerung aufgrund gezielter Mangel- und Fehlinformationen durch die Regierung in eine Art „Kriegspsychose“ verfiel. Es war eine Zeit der Kriegsbegeisterung, der Propaganda, des Englandhasses, der Verfolgung von Pazifisten und der Kriegstreiberei durch Politiker und geistige Eliten wie Dichter und Theologen.


Der Autor Hellmut von Gerlach, geboren in der Provinz Schlesien, war der Chefredakteur der linksdemokratischen Wochenzeitung „Welt am Montag“. Einst Antisemit und nationalkonservativ, entwickelte sich von Gerlach zu einem überzeugten Pazifisten und Demokraten. Er war ein lauter Gegner der Nationalsozialisten und nannte sie „politische Schädlinge“. Nach der Machtübernahme der Nazis floh er zunächst nach Österreich und später nach Frankreich.




12. Ede und Unku (Grete Weiskopf, 1931)


Der Jugendroman handelt von der Freundschaft des Berliner Jungen „Ede“ zu dem „Zigeunermädchen Unku“ zur Zeit der Weimarer Republik. Das Buch greift dabei auf wahre Begebenheiten von Menschen zurück, mit denen die Verfasserin in Kontakt stand.


Die Autorin Grete Weiskopf, geboren in einer armen jüdischen Familie in Österreich-Ungarn, veröffentlichte diesen Roman unter dem Pseudonym „Alex Wedding“. In einer Nachkriegsausgabe ergänzte Weiskopf ein Kapitel, in dem sie über das Verschwinden ihrer Freunde zur Zeit des Dritten Reichs schreibt. Von den im Roman erwähnten Sinti hat nur eine Person den Holocaust überlebt. Das Vorbild für „Unku“ – Erna Lauenburger – starb 1944 in Auschwitz. Das Buch wurde 1980 verfilmt.


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13. In einem anderen Land (Ernest Hemingway, 1929)


Der Roman handelt von der Liebe zwischen einem in der italienischen Armee dienenden Amerikaner und einer britischen Krankenschwester während des Ersten Weltkrieges. Die Geschichte wurde bereits mehrfach verfilmt. Es ist ein „zartes Spiel“ einer beginnenden Liebe in einem grausamen Krieg. Ein „wunderschönes, bewegendes und zutiefst menschliches Buch“ (Vita Sackville-West).


Der Autor Ernest Hemingway zählt zu den berühmtesten und erfolgreichsten US-amerikanischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Er wurde mit dem Pulitzer-Preis und dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.




14. Lerne lachen ohne zu weinen (Kurt Tucholsky, 1931)


Dieses Werk ist eine Sammlung von Gedichten, Artikeln und kurzen Prosatexten, in denen Tucholsky mit vielem „abrechnet“: Bürokratie, politische Marionetten, gescheiterte Republik, versagende Justiz, Ignoranz und Blindheit des deutschen Volkes, Borniertheit in der Gesellschaft, Hass zwischen den Völkern, Krieg und Religion. Dabei wird der Autor selbst nicht von Hass oder Bitterkeit getrieben, sondern vielmehr von Trauer, Melancholie und Verwunderung.


Kurt Tucholsky zählt zu den bedeutendsten Publizisten der Weimarer Republik. Der Journalist und Schriftsteller war überzeugter Pazifist, Antimilitarist, Demokrat und Sozialist. Seine gesellschaftskritischen Texte stießen nicht immer auf Zustimmung. Obwohl er selbst Jude war, galt er unter Juden zum Teil als Antisemit, weil er die jüdische Bourgeoisie kritisierte – wie jede andere auch.




15. Im Westen nichts Neues (Erich Maria Remarque, 1929)


Dieser Anti-Kriegsroman ist ein Klassiker der Weltliteratur geworden. Er schildert die Schrecken des Ersten Weltkrieges aus der Sicht eines jungen Soldaten. „Grausam, abschreckend, emotional aufwühlend […] aber auch humoresk […].“ Die Nationalsozialisten starteten später eine Rufmord-Kampagne gegen den in Osnabrück geborenen Autor und behaupteten, Erich Maria Remarque hätte gar nicht am Ersten Weltkrieg teilgenommen. Bis heute wurde der Roman mehrfach verfilmt.



16. Die Probeehe – Aus der Praxis – Für die Praxis (Rudolf Urbantschitsch, 1929)


Ein Buch von Ärzten für Ärzte, in dem sachlich und ernst die Vor- und Nachteile der Ehe auf Probe diskutiert werden. Rudolf Urbantschitsch war ein österreichisch-amerikanischer Psychoanalytiker, Mediziner und Schriftsteller. Sein Enkel ist der heute weltberühmte Schauspieler Christoph Waltz.


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17. Hotel Amerika (Maria Leitner, 1930)


Dieser sozialkritische Roman veranschaulicht die Kluft zwischen Arm und Reich in den USA der 20er Jahre, indem er die Geschichte verschiedener Einzelschicksale aus der Arbeiterklasse erzählt. Amerika ist in diesem Buch „eine riesenhafte, ungeheuere, hellerleuchtete Schachtel, in die unzählige Menschen, unzählige Schicksale gepfercht sind, Menschen aus allen Klassen und aus allen Teilen der Welt, Reiche und Arme, Glückliche und Elende. Hier ist alles angehäuft, Hölle und Himmel, Trauer und Glück, Krankheit und Übermut“.


Die Autorin Maria Leitner - geboren im damaligen Königreich Ungarn - hatte eine marxistische Weltanschauung. Ihr „Reportage-Roman“ ist im Grunde eine Kapitalismus-Kritik. Außerdem ermutigte Leitner in ihrem Buch dazu, sich gegen „Unternehmerwillkür“ und für demokratische Rechte zusammenzuschließen. Die Nationalsozialisten sahen dies als Grund, den Roman zu verbieten und zu verbrennen.


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18. Berlin Alexanderplatz (Alfred Döblin, 1929)


Er wird als der „bedeutendste deutsche Großstadtroman“ bezeichnet und spielt, im Berliner Jargon verfasst, im Proletarierviertel der Hauptstadt der Weimarer Republik. Der Roman handelt von Franz Biberkopf, der aus der Haftanstalt Tegel freigelassen wird, nachdem er vier Jahre zuvor seine Geliebte erschlagen hatte. Fest entschlossen, ein besserer Mensch zu werden, gerät er jedoch schnell wieder auf die schiefe Bahn. Er wird in einen Raub verwickelt und am Ende wieder zum Mörder. In einer Irrenanstalt beginnt er dem Tod ins Auge zu blicken, doch wird durch sein Schuldbekenntnis und aufrichtige Reue als „besserer Mensch wiedergeboren“.


Der Autor Alfred Döblin war neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller vor allem Psychiater - mit jüdischen Wurzeln und sozialistischer Ideologie. 1933 floh er (einen Tag nach dem Reichstagsbrand) in die Schweiz und kehrte erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zurück. 1941 konvertierte Döblin im Exil zum katholischen Glauben.




19. Pünktchen und Anton (Erich Kästner, 1931)


Dieser Kinderroman überrascht mit vielen ethischen Fragen und gesellschaftskritischen Denkanstößen. Er handelt von dem Mädchen Luise Pogge (genannt „Pünktchen“) und dem Jungen Anton Gast. Luise kommt aus einem wohlhabenden Elternhaus, wird jedoch von ihren Eltern vernachlässigt. Anton lebt mit seiner kranken Mutter in einer kleinen Wohnung und muss neben der Schule noch Geld verdienen, damit die beiden über die Runden kommen. Durch Zufall lernen sich Luise und Anton kennen und das Schicksal nimmt seinen Lauf.


Obwohl fast alle Werke von Erich Kästner durch die Nationalsozialisten verboten wurden und er zeitlebens ein prominenter Kritiker des NS-Regimes blieb, hat er Deutschland nie verlassen. Er durfte trotz Repressionen unter einem Pseudonym veröffentlichen und beispielsweise Drehbücher schreiben (etwa „Münchhausen“ 1943). Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges konnte Kästner wieder frei arbeiten. Er zog nach München und kritisierte als überzeugter Pazifist die Adenauer-Regierung im Rahmen der Remilitarisierung und Spiegel-Affäre.




20. Hitlers Weg (Theodor Heuss, 1932)


Dieses Werk ist keine Biografie Hitlers, sondern eine „historisch-politische Studie über den Nationalsozialismus“, die mit dem Hitlerputsch im Jahr 1923 beginnt und in Zeiten von wirtschaftlicher Depression und Massenarbeitslosigkeit Fahrt aufnimmt. Das Buch sollte seinerzeit so vorurteilsfrei und neutral wie möglich sein. Der Autor Theodor Heuss wurde, nach seiner Mitgründung der FDP im Jahr 1948, sogar Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland (1949-1959).


Jedoch gibt es viel Kritik an Heuss. Als Mitglied der Staatspartei stimmte er am 23. März 1933 für das Ermächtigungsgesetz. Grund dafür seien Gewaltandrohungen und Wissen um Verhaftungen und Folter durch SS-Männer gewesen. Heuss selbst sagte, er hätte das Ausmaß der Gewalt durch die Nationalsozialisten unterschätzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg distanzierte er sich von seinem Buch „Hitlers Weg“ und verzichtete auf eine Neuauflage.


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Quellen bzw. weiterführende Links:


(1) Bibliothek verbrannter Bücher: „Startseite“

(3) Deutschlandfunk Kultur: „Bücher vom Scheiterhaufen“

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