top of page
Anastasia Michailova

52-Hertz-Wal: Die Geschichte des „einsamsten Wals“ der Welt

Aktualisiert: 20. Nov.

Wieso gilt der 52-Hertz-Wal als „loneliest whale“ (der einsamste Wal der Welt)? Wie kommt es, dass er in einer so außergewöhnlichen Frequenz singt? Dieser Beitrag klärt alle spannenden Fragen!


52-Hertz-Wal, der einsamste Wal der Welt, loneliest Whale
Der einsamste Wal der Welt!

In der Geschichte der Meeresforschung gab es schon so manche skurrilen Aufzeichnungen von sonderbaren Unterwassergeräuschen. So zum Beispiel der „Upsweep“ (1991), der „Bloop“ (1997) oder der „Biotwang“ (2014). Nur etwa 95 Prozent unserer Ozeane sind erforscht und die 300 Millionen Quadratkilometer Meeresboden größtenteils unbekannt. Daher kommt es immer wieder zu erstaunlichen Meeresphänomenen. Eines davon ist der 52-Hertz-Wal. In der endlosen Weite des Pazifiks zieht der Meeressäuger laut rufend und singend seine Bahnen – allein. Denn kein anderer Wal kann ihn hören.



Die Geschichte des 52-Hertz-Wals

 

Im Jahr 1989 wurde zum ersten Mal das Rufzeichen eines Wals aufgenommen, das sich von denen anderer Meeressäuger unterschied. Die Woods Hole Oceanic Institution zeichnete Walgesänge vor der Westküste der USA auf, deren Frequenz bei 52-Hertz lag. Das Problem: Kein bekannter Wal singt auf dieser Frequenz. Blauwale singen normalerweise mit 15 bis 20 Hertz, Finnwale etwa mit 20 Hertz – also deutlich tiefer. Außerdem unterschied sich die Klangfolge des 52-Hertz-Wals von der anderer Meeressäuger. Dieses mysteriöse Tier sang kürzer, aber dafür häufiger. Hier kannst du dir seinen Ruf anhören:



Fun Fact: 52 Hertz sind nur ein kleines bisschen höher als der tiefste Ton einer Tuba.

 

In den 1990er Jahren wurde der 52-Hertz-Wal (auch „52 Blue“ genannt) in regelmäßigen Abständen immer wieder gehört (vgl. Twelve years of tracking 52-Hz whale calls from a unique source in the North Pacific). Laut Wissenschaftlern hat sich seine Stimmlage seit den 2010ern verändert – sie liegt nun bei etwas tieferen 46 Hertz. Das deutet darauf hin, dass das Tier gewachsen ist. Trotzdem ist die Frequenz immer noch weit entfernt von der Stimmlage anderer Bartenwale.


Warum gilt der 52-Hertz-Wal als der „einsamste Wal der Welt“?

 

Forscher konnten die Route des Wals nachvollziehen. Er wandert nördlich bis zu den Aleuten vor der Küste Alaskas und im Süden bis nach Kalifornien. Seine Bewegung und sein Timing stimmt dabei mit keiner anderen Walart überein. Seine Route ähnelt der von Blauwalen, die zeitliche Abfolge jedoch eher der von Finnwalen. Der 52-Hertz-Wal scheint also vorwiegend allein unterwegs zu sein und zieht einsam seine Bahnen durch den Pazifik.



Außerdem ist bis heute nicht klar, um was für eine Walart es sich überhaupt handelt. Niemand hat das Tier bisher zu Gesicht bekommen. Wissenschaftler vermuten, dass es ein Blauwal oder Finnwal mit einer Fehlbildung sein könnte, was erklärt, warum er in einer so ungewöhnlichen Stimmlage singt. Es könnte sich jedoch auch um einen Hybrid aus beiden Walarten handeln.

 

Im Allgemeinen scheint sein Gesang im Bereich von 52 (bzw. mittlerweile etwa 46 Hertz) der Grund für seine Einsamkeit zu sein. Das Tier kommuniziert einfach auf einer anderen Frequenz als seine Artgenossen und wird deshalb nicht verstanden bzw. nicht gehört. Schall breitet sich im Wasser viel weiter aus als in der Luft und ist für Wale ein essenzielles Kommunikationsmittel in den endlosen Weiten der Ozeane. Ob zur Orientierung, Jagd, Kommunikation oder Partnersuche – je tiefer die Frequenz, desto besser breitet sich der Schall aus.

 

Fun Fact: In der Luft breitet sich Schall etwa 343 Meter pro Sekunde aus (je nach Luftdruck und Temperatur). Im Wasser sind die Moleküle viel dichter, weshalb sich Schall etwa 1484 Meter pro Sekunde ausbreitet – mehr als viermal so schnell wie an Land.



Ist der 52-Herz-Wal wirklich einsam?

 

Sehr lange Zeit war der 52-Hertz-Wal ein Einzelfall. Pro Saison wurde stets nur ein Tier mit einer solchen Stimmlage aufgezeichnet. Doch im Jahr 2010 hörten Forscher an zwei weit voneinander entfernten Hydrophonen vor der Küste Kaliforniens zwei Gesänge im Bereich von 52 Hertz. Wissenschaftler deuten dies als mögliche Existenz mehrerer 52-Hertz-Wale (vgl. Smithsonian Magazine). Vielleicht hat „52 Blue“ also endlich einen Freund oder eine Freundin gefunden.


 

Der 52-Hertz-Wal in der Popkultur

 

Die Geschichte des Meeressäugers inspirierte viele Forscher und Künstler auf der Welt. Einsamkeit ist schließlich ein Gefühl, dass uns Menschen bewegt und beschäftigt. So wurden dem 52-Hertz-Wal ganze Songs und Kinderbücher gewidmet. In der fiktiven Mockumentary „The Loneliest“ suchen zwei Forscherinnen nach dem mysteriösen 52-Hertz-Wal. Aber auch eine ernstgemeinte Dokumentation in Spielfilmlänge namens „The Loneliest Whale“ macht sich auf die Suche nach „52“ – kann ihn jedoch nicht finden. Dennoch lernen die Forscher viel über die Beziehungen von Walen zu uns Menschen.




 

Offenlegung als Amazon-Partner: Dieser Artikel enthält Affiliate-Links, durch die Provisionen bei qualifizierten Verkäufen verdient werden.

bottom of page