Was ist Ozeanversauerung und welche Auswirkungen hat sie auf marine Ökosysteme? Welche Rolle spielen CO₂ und der pH-Wert des Wassers? Und was hat die Versauerung der Meere mit dem Klimawandel zu tun? Dieser Beitrag beantwortet alle wichtigen Fragen.

Was ist Ozeanversauerung?
Die Ozeane versauern, wenn das Wasser zu viel Kohlendioxid (CO₂) aufnimmt. Wie alle Gase löst sich auch CO₂ in Wasser. Allerdings kommt es infolgedessen zu einer chemischen Reaktion: Es entsteht Kohlensäure. Die Weltmeere haben seit jeher Kohlendioxid aufgenommen und gelten deshalb auch als „natürliche Kohlenstoffsenken“. Da der Mensch seit der Industrialisierung jedoch immer mehr CO₂ in die Atmosphäre ausstößt, nehmen auch die Ozeane immer mehr von dem Treibhausgas auf. Das hat allerdings Folgen. Je mehr Kohlendioxid das Wasser aufnimmt, desto niedriger wird sein pH-Wert. Anders ausgedrückt: Die Meere werden immer saurer – und Schuld daran ist der menschengemachte Klimawandel.
Hintergrundwissen: Der pH-Wert zeigt, ob eine Flüssigkeit sauer, basisch oder neutral ist. Meerwasser ist mit einem pH-Wert von 8,2 normalerweise leicht basisch. In den letzten 200 Jahren ist der pH-Wert der Ozeane jedoch auf 8,1 gesunken.
„Das mag nicht nach viel klingen, aber die pH-Werte sind logarithmisch, also mathematisch gestaucht. Das heißt, wenn der pH-Wert um 0,1 Einheiten sinkt, wird das Meerwasser um 30 Prozent saurer.“ – Prof. Jelle Bijma, Biogeochemiker am Alfred-Wegener-Institut
Prognose: Laut dem Alfred-Wegener-Institut könnte der pH-Wert unserer Ozeane bis zum Jahr 2100 um weitere 0,3 bis 0,4 Einheiten sinken. Dadurch würde das Meerwasser um 100 bis 150 Prozent saurer werden. Doch selbst bei einem pH-Wert von 7,7 würden sich die Ozeane nicht in richtige Säure verwandeln – allerdings sind sie signifikant weniger basisch als zuvor. Daher ist der Begriff „Ozeanversauerung“ gerechtfertigt.
Welche Folgen hat eine Versauerung der Weltmeere?
Die tiefgreifenden Auswirkungen eines sinkenden pH-Wertes in unseren Ozeanen sind immer noch nicht ganz klar. Allerdings haben Forscher bereits ein recht konkretes Bild davon, was zu saures Meerwasser in verschiedenen Ökosystemen anrichten kann.
Folgen von Ozeanversauerung für Lebewesen
Wissenschaftler sind sich einig, dass kalkbildende Meeresbewohner am meisten unter einer Versauerung der Ozeane leiden werden. Die Kalkalge Emiliania huxleyi bindet beim Bau ihrer Kalkschalen mithilfe von Photosynthese sehr viel Kohlenstoff, wodurch große Mengen Kohlendioxid aufgespalten werden. Dabei entsteht auch Sauerstoff, was sie heute zu einem der wichtigsten Sauerstoff-Produzenten unseres Planeten macht. Wenn die Kalkalge stirbt, sinkt der gebundene Kohlenstoff mit ihr in die Tiefsee und wird dort für mehrere Jahrtausende eingelagert. Dieses winzige Lebewesen ist also ein starker Verbündeter im Kampf gegen den Klimawandel.
Hier kannst du dir ein kurzes Video zu den Auswirkungen von Ozeanversauerung auf Kalkalgen ansehen:
Doch nicht nur Kalkalgen, sondern alle anderen Organismen mit Kalkschalen und Skeletten, darunter Muscheln, Schnecken und Korallen, werden unter den immer saurer werdenden Ozeanen leiden. Denn je niedriger der pH-Wert des Wassers, desto mehr Energie brauchen diese Tiere für den Bau ihrer Gehäuse etc. Wenn die Ozeanversauerung weiter voranschreitet, könnte das Wasser die kalkhaltigen Gehäuse einfach auflösen.
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Ein Beispiel zur Veranschaulichung aus dem Alltag: Kalkentfernende Reinigungsmittel für Küchengeräte und Waschmaschinen sind in der Regel säurehaltig. Bereits Zitronensaft kann einen verkalkten Wasserkocher in wenigen Sekunden vollständig reinigen. Das demonstriert die Wirkung von Säure auf kalkhaltige Substanzen.
Sogar Fische leiden unter den komplexen Folgen der Ozeanversauerung, wie das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel untersucht hat. Ein niedrigerer pH-Wert des Wassers beeinflusst auch das Nahrungsangebot vieler Fischlarven, wodurch bestimmte Populationen langfristig gefährdet sein könnten.
Folgen von Ozeanversauerung für den Kohlenstoffkreislauf
Unter der Versauerung unserer Weltmeere leiden vor allem jene Organismen, die zu großen Teilen für die Einlagerung von Kohlenstoff in Meeresböden verantwortlich sind. Laut der Swansea University können 1 Kilogramm Algen im Allgemeinen 1,8 Kilogramm CO₂ aufnehmen. Die Technische Universität Hamburg spricht von 55 Gramm photosynthetisch absorbiertem CO₂ durch 30 Gramm Algen.
Wenn nun aber die Zahl der CO₂-absorbierenden Organismen in unseren Weltmeeren sinkt, gerät dadurch der Kohlenstoffkreislauf noch weiter durcheinander und die Natur verliert wichtige CO₂-Speicherkapazitäten.
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Versauertes Meerwasser erreicht auch die Tiefsee.
Eine Studie der ETH Zürich fand heraus, dass die Ozeanversauerung mittlerweile sogar tiefere Schichten erreicht. Die Forscher fanden deutliche Versauerungssignale in 1.000 Metern Tiefe – im Nordatlantik sogar in bis zu 1.500 Metern Tiefe. Außerdem stellten die Wissenschaftler fest, dass etwa die Hälfte der Versauerung erst nach 1994 stattgefunden hat, was mit dem starken Anstieg der CO₂-Emissionen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zusammenhängt.
Was kann man gegen Ozeanversauerung tun?
Die einzige Möglichkeit, der Versauerung unserer Weltmeere entgegenzuwirken, ist die Reduktion von CO₂ in unserer Atmosphäre. In erster Linie muss der Ausstoß von Emissionen durch uns Menschen eingeschränkt, langfristig mithilfe klimaneutraler Technologien bestmöglich gestoppt werden. Die Natur sollte dabei unser Verbündeter sein, denn unser Planet nimmt von sich aus bereits enorme Mengen Kohlendioxid auf.
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Hier kannst du dir ansehen, wie Kieler Forscher den pH-Wert der Ozeane mit Geoengineering verändern wollen:
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