Mehr Ente als Echse? Die Wissenschaft zeigt, dass unser Bild vom Velociraptor, wie wir es aus Filmen wie „Jurassic Park“ kennen, voller Fehler steckt. Wie sah dieser Dinosaurier also wirklich aus? Ein Faktencheck!
Der Velociraptor lebte in der späten Kreidezeit vor 85,2 bis 76,4 Mio. Jahren auf dem Gebiet der heutigen Volksrepublik China und der Mongolei. Sein Name setzt sich aus den lateinischen Begriffen „velox“ (schnell) und „raptor“ (Räuber) zusammen. Der Dinosaurier war also ein flinker Jäger – fraß aber auch Aas.
In Filmen wie Jurassic Park wird er als 2 Meter große, schuppige Echse dargestellt, die gut organisiert in Rudeln lebt. Aber stimmt das überhaupt? Forscher sind sich sicher: Unser Bild vom Velociraptor, wie es Hollywood zeigt, ist falsch. Räumen wir also mit den 3 größten Mythen über diesen außergewöhnlichen Dinosaurier auf:
1. Der Velociraptor hatte Federn. Warum eigentlich?
Es gibt viele guterhaltene Fossilien des Velociraptors. Im Jahr 2007 dann der Sensationsfund: ein fossiler Oberarmknochen des Dinosauriers. So perfekt erhalten, dass sogar die Ansätze von Federkielen zu erkennen waren. Damit gilt als bestätigt, was Forscher schon früher vermuteten. Der Velociraptor hatte Federn.
Seine Arme sahen aus wie Flügel, waren aber zu kurz, um damit zu fliegen. Die Knochen des flugunfähigen Dinosauriers waren trotzdem hohl, wie die von heutigen Vögeln. Das führte dazu, dass ein ausgewachsener Velociraptor nur etwa 15 Kilogramm wog und damit recht leicht war.
Der Velociraptor besaß eine große, bis zu 6,5 Zentimeter lange Sichelkralle an seinem zweiten Zeh. Diese benutzte er vermutlich als „Steigeisen“, um sich an seiner Beute festzukrallen. Hydraulische Tests haben gezeigt, dass er damit keine Beute aufschlitzen konnte, obwohl dies lange vermutet wurde.
Insgesamt scheint der Velociraptor große Ähnlichkeiten mit modernen Greifvögeln gehabt zu haben – mehr als mit einer schuppigen Echse. Aber warum trug dieser Dinosaurier überhaupt ein Federkleid? Hierfür gibt es 4 bekannte Theorien, von denen durchaus auch mehrere richtig sein könnten.
1.1. Die Federn halfen dem Velociraptor beim schnellen Laufen.
Möglicherweise konnte der Velociraptor mit dem Federkleid schneller laufen. Laut Computersimulationen erreichte der Dinosaurier Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 60 km/h.
1.2. Die Federn des Velociraptors sind ein „evolutionäres Überbleibsel“ eines kleineren Vorfahren.
Es ist denkbar, dass der Velociraptor in der Vergangenheit einen (wahrscheinlich kleineren) Verwandten hatte, der ebenfalls Federn trug. Dann hätte der Raptor die Gene seines Vorfahren in sich getragen und ausgeprägt.
1.3. Der Velociraptor lockte mit seinen Federn potenzielle Partner an und balzte mit seinem Körperschmuck.
Von heute lebenden Vögeln wissen wir, dass Federn eine wichtige Rolle in der Kommunikation spielen können – insbesondere bei der Partnersuche. Männchen nutzen ihr Federkleid, um Weibchen anzulocken und sie zu beeindrucken. Rivalen werden mitunter eingeschüchtert oder verschreckt. Es liegt auf der Hand, dass der Velociraptor seine Federn in irgendeiner Weise zur Schau stellte.
1.4. Der Velociraptor nutzte seine Federn, um seine Eier im Nest zu wärmen.
Dinosaurier legten Eier (mit Ausnahme der Plesiosaurier). Es ist wahrscheinlich, dass der Velociraptor eine Art von Brutpflege betrieb. Er könnte seine Federn dazu genutzt haben, um seine Eier bzw. den neu geschlüpften Nachwuchs zu wärmen – wie heutige Vögel.
2. Der Velociraptor war nur so groß wie ein Schäferhund.
In Jurassic Park ist der Velociraptor so groß wie ein erwachsener Mensch. Aber war er das tatsächlich? Die Wahrheit über diesen Dinosaurier sieht anders aus. Der Velociraptor erreichte nur eine Höhe von einem halben Meter – so groß wie ein Schäferhund. Aufgrund seines ausgeprägten Schwanzes betrug seine Körperlänge jedoch bis zu 2 Meter.
3. Der Velociraptor war ein Einzelgänger.
In Jurassic Park und Jurassic World ist der Velociraptor ein sehr soziales Tier, das in Gruppen lebt und jagt. Forscher sind sich jedoch sicher: Der Velociraptor war wahrscheinlich ein Einzelgänger. Darauf deuten die Ergebnisse einer chemischen Analyse von Zähnen eines nahen Verwandten hin – dem Deinonychus. Die Tests zeigten, dass sich die Nahrung dieser Dinosaurier im Laufe ihres Lebens veränderte. Mit anderen Worten: Jungtiere fraßen nicht dieselbe Nahrung wie ausgewachsene Raptoren. Sie waren also vermutlich auf sich allein gestellt. Das bedeutet mit großer Wahrscheinlichkeit, dass diese Tiere keine Rudelspezies waren.
Warum sieht der Velociraptor in Filmen so anders aus?
Man muss sich ehrlicherweise die Frage stellen: Welcher Zuschauer hätte schon Angst vor einem hundegroßen gefiederten Dinosaurier, der eigentlich aussieht wie ein üppiger Vogel? Wahrscheinlich niemand. Außerdem gab es zu Zeiten des Filmdrehs von Jurassic Park (Kinostart: 1993) noch nicht so viele präzise Erkenntnisse über den Velociraptor. Vieles war damals einfach noch nicht bekannt und die Forschung hat sich seitdem weiterentwickelt.
Es gab jedoch einen Raptor, der durchaus besser in das Bild des Velociraptors der Jurassic-Park-Filme passt: der Utahraptor. (Klicken und mehr erfahren!)
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Quellen bzw. weiterführende Links:
(1) Science: „Feather Quill Knobs in the Dinosaur Velociraptor“
(2) BioOne: „A Reevaluation of Cooperative Pack Hunting and Gregariousness in Deinonychus antirrhopus and Other Nonavian Theropod Dinosaurs“
(3) National Geographic: „Warum Velociraptor nicht der Dinosaurier war, für den ihn viele halten“
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